Rostock. Das werden die Deutschen gar nicht gerne hören. Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung geht davon aus, dass die Deutschen im Jahr 2050 fünf Jahre länger arbeiten müssen, bevor sie mit 72 in den Ruhestand gehen können.

Wenn die Lebenserwartung weiter steigt, kommt die Rente mit 72. Das hat das Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock ausgerechnet. Im Jahr 2050 müssten die Deutschen fünf Jahre länger arbeiten, um die Funktion des Rentensystems zu erhalten, sagte der Direktor des Instituts, James Vaupel, der "Welt am Sonntag". Das würde bedeuten, die Deutschen dürften erst mit 72 in den Ruhestand und nicht mit 67, wie bisher geplant.

Vaupel reagierte damit auf Pläne der Europäischen Kommission. Sie empfiehlt den Mitgliedsländern, "das Rentenalter mit der Steigerung der Lebenserwartung abzugleichen" und außerdem die Möglichkeiten der Frühverrentung zu beschränken. So steht es im Entwurf zu einem sogenannten Weißbuch der EU-Kommission, das sie in der kommenden Woche vorstellen will. Das Dokument liegt der "Welt am Sonntag" vor.

"Die Menschen müssen schlicht einen vernünftigen Teil ihrer Lebenszeit arbeiten", sagte Wissenschaftler Vaupel zu den Plänen aus Brüssel. Heute verbrächten die Europäer etwa die Hälfte ihres Lebens im Beruf. "Für die Rentensysteme würde es schon reichen, dieses Verhältnis beizubehalten."

Mehr Lebensjahre, aber weniger Wochenstunden arbeiten

Nach Vaupels Forschung steigt die Lebenserwartung in Europa von Jahrzehnt zu Jahrzehnt um zwei bis drei Jahre. "2050 wird sie bei etwa zehn Jahren mehr liegen als heute", sagte der weltweit renommierte Demografie-Experte. "Etwas von dieser geschenkten Zeit werden wir auf die Arbeit verwenden müssen."

Gesundheitliche Probleme, wie sie Kritiker der jüngsten deutschen Reform (Rente mit 67) ins Feld führen, will der Forscher nicht gelten lassen. "Die gesunde Lebenserwartung steigt ebenso rasch an. Wenn Menschen zehn Jahre länger leben, werden sie zehn Jahre später krank", sagte Vaupel.

Sein Modell sieht zudem vor, dass Menschen "mehr Lebensjahre, aber weniger Wochenstunden" arbeiten. "So haben sie in jungen Jahren mehr Zeit für die Familie, belasten aber im Alter nicht die Pensionskassen, sagte er.

Schwedens Ministerpräsident fordert Rente mit 75

Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt hat sich für ein Renteneintrittsalter von 75 Jahren ausgesprochen und damit bei seinen Landsleuten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Im Vorfeld einer Konferenz über die Arbeitsmarktchancen älterer Bürger sagte Reinfeldt, Arbeitgeber würden etwa 55-Jährige eher einstellen, wenn diese noch 20 weitere Jahre arbeiten wollten. Wenn älteren Menschen eine Arbeit zu schwer falle, sollten sich diese eine einfachere Tätigkeit suchen anstatt in Frührente zu gehen, forderte Reinfeldt.