Beirut. Bei neuen Protesten gegen die syrische Führung sind Menschenrechtlern zufolge in der Oppositionshochburg Homs Hunderte Zivilisten getötet worden. Die Regierung von Präsident Assad dementierte die Berichte. Am Morgen sollte der UN-Sicherheitsrat über einen Resolutionsentwurf abstimmen.
Kurz vor einer geplanten Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über Syrien sind aus dem Land widersprüchliche Angaben über eine Offensive der Sicherheitskräfte in Homs gekommen. Zwei regierungskritische Organisationen, das Syrische Observatorium für Menschenrechte und die Örtlichen Koordinationskomitees meldeten mehr als 200 Tote bei einem Angriff mit Panzern am frühen Samstagmorgen auf die Stadt. Die Regierung in Damaskas dementierte dies.
Mit schwerem Beschuss habe der Angriff begonnen, berichteten Aktivisten, deren Angaben nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden konnten. Allein im Viertel Chaldijeh, seit elf Monaten einer der Brennpunkte der Protestbewegung gegen Präsident Baschar Assad, habe es an die 140 Tote gegeben, hieß es. "Das ist der schlimmste Angriff seit Beginn des Aufstandes, seitdem der Aufstand im März begann", sagte der Leiter des Syrischen Observatoriums, Rami Abdul-Rahman. Den Koordinationkomitees zufolge setzten die Regierungstruppen Panzer und schwere Maschinengewehre ein.
Regierung spricht von "Aufwiegelung"
Im syrischen Fernsehen hieß es dagegen, diese Berichten seien unwahr und stünden im Zusammenhang mit einer "Aufwiegelung von bewaffneten Gruppen" gegen Syrien, die im Sicherheitsrat ausgenutzt werden solle. In Amateurvideos gezeigte Leichen - von Aktivisten als Opfer des Angriffs bezeichnet - seien Menschen, die von "terroristischen bewaffneten Gruppen" entführt worden seien.
Unklar war zunächst, was den Angriff auslöste. Es gibt aber Berichte, dass Deserteure Kontrollposten in dem Gebiet errichtet haben und versuchen, ihre Kontrolle dort zu konsolidieren. Assad versucht seit Monaten, die Protestbewegung niederzuschlagen. Mehrere Tausend Menschen sollen bei den Zusammenstößen bisher getötet worden sein.
UN-Sicherheitsrat verhandelt über Resolution gegen Syrien
Der UN-Sicherheitsrat setzt am Samstag seine Verhandlungen über eine Resolution zum Konflikt in Syrien fort. Dabei solle eine Abstimmung über eine Resolution vorbereitet werden, die wegen der russischen Vetodrohung bisher vermieden worden sei, verlautete am Freitag aus Diplomatenkreisen in New York.
Zuvor hatte US-Außenministerin Hillary Clinton mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow telefoniert, um den Moskauer Widerstand gegen eine Resolution zu überwinden. Die USA und ihre Verbündeten haben eine militärische Intervention in Syrien ausgeschlossen, unterstützen aber einen Plan der Arabischen Liga, der Assad auffordert, die Macht an seinen Stellvertreter zu übergeben.
Die Vetomacht Russland hatte am Freitag auch einen neuen Resolutionsentwurf aus Marokko abgelehnt. Der Text sei nicht akzeptabel, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti den stellvertretenden russischen Außenminister Gennadi Gatilow.
Westerwelle verurteilt Gewalt des Assad-Regimes
Bundesaußenminister Guido Westerwelle fordert eine Verurteilung des Landes durch den UN-Sicherheitsrat. "Es ist nun allerhöchste Zeit, dass die internationale Staatengemeinschaft dazu eine klare Position bezieht und die Gewalt des Assad-Regimes in aller Deutlichkeit verurteilt", sagte er am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Dafür wolle er sich auch bei seinen Gesprächen mit Spitzenpolitikern aus aller Welt in München mit allem Nachdruck einsetzen.
"Die schrecklichen Berichte aus Homs zeigen, dass das Assad-Regime nicht nachlässt in der Anwendung von Gewalt", kritisierte Westerwelle. "Im Gegenteil: Die Intensität, mit der die syrischen Regierungstruppen gegen das eigene Volk vorgehen, nimmt weiter zu". Seit Beginn des Aufstandes gegen Syriens Präsident Baschar al-Assad vor etwa elf Monaten sind nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 5000 Menschen ums Leben gekommen. (dapd/rtr)