Peking. . Der Euro ist in der Krise – kann das inzwischen schwer reiche China den Europäern helfen? Bundeskanzlerin Angela Merkel wirbt bei ihrem Peking-Besuch für Vertrauen in Europa. Doch die Chinesen haben nicht die Absicht, den Retter in der Not zu spielen.

Pekings Premier Wen Jiabao machte am Donnerstag vor Journalisten deutlich, dass China den Euro nicht mit starken Finanzspritzen retten werde, bevor die Europäische Union sich nicht selbst reformiert. Peking prüfe zwar ein stärkeres Engagement in den Rettungsschirmen, doch: „Die EU-Schuldenländer müssen schmerzhafte Entscheidungen treffen und ihre Hausaufgaben machen“, erklärte der Regierungschef. Die Europäer müssten zudem mit einer „einheitlichen Stimme“ sprechen.

Eine halbe Billion Dollar in Staatsanleihen

Dabei könnten sich die Chinesen ein stärkeres Engagement für Europa rein finanziell durchaus leisten: Das Land besitzt die größten Devisenreserven der Welt. Schätzungen zufolge hält die Volksrepublik bereits jetzt europäische Staatsanleihen im Wert von mehr als 500 Milliarden Dollar.

China setzt aber stattdessen zunächst auf eine andere Karte, um Europa zu unterstützen – den Internationalen Währungsfonds. China erwäge, dem IWF mehr Geld zu überlassen und prüfe auch die Möglichkeit, mit dem Europäischen Stabilisierungsfonds zusammenzuarbeiten, erklärte der Premier. Zuvor hatte Merkel versucht, ihre Gastgeber zu überzeugen, dass die Europäer trotz der Krise auf einem guten Weg seien. „Europa wächst in der Krise zusammen“, erklärte die Kanzlerin. Für die Mitglieder der EU sei der nun beschlossene Fiskalpakt ein wichtiger Schritt dazu, auch politisch enger miteinander zu kooperieren. „Wir müssen uns Schritt für Schritt auf eine gemeinsame Haushaltspolitik hinbewegen.“

Merkel lädt chinesische Unternehmen ein

Die Länder der EU müssten zwei Dinge zugleich bewältigen: ihre gewaltigen Schulden in den Griff bekommen und das Wirtschaftswachstum stärken, um die zum Teil große Arbeitslosigkeit in der Region zu bekämpfen. Gleichzeitig warb Merkel für verstärktes Engagement chinesischer Un­ternehmen in Deutschland: „Was ich Ihnen zusagen kann, ist, dass unser Markt, der deutsche Markt, offen ist für chinesische Investitionen.“ Sie appelliert an die wirtschaftlichen Interessen beider Seiten: „Es geht immer um faire Kooperation, fairen Wettbewerb, der auf Gegenseitigkeit beruht.“

Doch es ging bei der zweitägigen Kanzler-Visite in Peking nicht nur um Geld. Während Merkel in einer Rede vor der Akademie der Sozialwissenschaften das Thema Menschenrechte nur streifte, warb sie bei ihrem Treffen mit Regierungschef Wen für „mehr Meinungsfreiheit“ und sprach von „oft sehr harten“ Reaktionen auf Regime-Kritiker. Ein klarer Hinweise auf die langen Haftstrafen, zu denen Bürgerrechtler und Autoren in letzter Zeit verurteilt worden waren.

Merkel spricht die Syrien-Krise an

Merkel rief Peking dazu auf, eindeutig Stellung zur Gewalt in Syrien und zum Atomstreit mit dem Iran zu beziehen. Der UN-Sicherheitsrat müsse zur Lage in Syrien deutliche Worte finden. Bislang haben China und Russland als Veto-Mächte eine Resolution verhindert, die die brutale Unterdrückung der Protestbewegung gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad verurteilt.

Die Kanzlerin wird am Freitag Staats- und Parteichef Hu Jintao und den Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses Wu Banguo treffen. Dann fliegt sie in die südchinesische Metropole Kanton, wo sie gemeinsam mit Premier Wen an einem Wirtschaftssymposium mit chinesischen und deutschen Unternehmern teilnimmt. Später plant sie eine Begegnung mit dem örtlichen Bischof der offiziell anerkannten katholischen Kirche.