Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass schuldunfähige Straftäter unter bestimmten Bedingungen in privatisierten Landeskrankenhäusern untergebracht werden dürfen. Dagegen hatte ein Mann in Hessen geklagt, der im Maßregelvollzug untergebracht ist und von den privaten Angestellten der Klinik mit Gewalt in eine Zelle eingesperrt worden war.
Die Bundesländer dürfen ihre psychiatrischen Landeskrankenhäuser für die Unterbringung schuldunfähiger Straftäter unter bestimmten Voraussetzungen privatisieren und Eingriffe in die Grundrechte der Insassen auf Angestellte übertragen. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch verkündeten Urteil und wies damit die Klage eines in Hessen im sogenannten Maßregelvollzug untergebrachten Mannes zurück. (Az: 2 BvR 133/10)
Der psychisch kranke Straftäter war wegen Aggressionen mit Gewalt von den privaten Angestellten der Vitos-Klinik im hessischen Haina in einer Zelle eingeschlossen worden und sah darin einen Verstoß seiner Grundrechte. Begründung: Zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse wie dem Eingriff in die Freiheitsrechte seien nur Beamte als Staatsdiener befugt, nicht aber Angestellte einer Privatfirma.
Keine spürbaren Nachteile für Insassen
Laut Urteil ist die Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Maßregelvollzug unter gewissen Voraussetzungen wie in Hessen aber zulässig. Zum einen sei das Personal nur in gefährlichen Situationen berechtigt, Zwang auf die Insassen auszuüben und müsse dies unmittelbar der Klinikleitung melden. Zum anderen bestehe nicht die Gefahr, dass die Rechte der Kranken etwa aus Profitstreben beschnitten und Kranke zum Beispiel länger als nötig festgehalten werden: Die Klinik gehöre dem Landeswohlfahrtsverband, der als öffentlicher Träger frei von "erwerbswirtschaftliche Motiven und Zwängen" sei.
Nach Auffassung der Verfassungshüter zielen Privatisierungslösungen wie in Hessen auf verbesserte Personalgewinnungs- und Ausbildungsmöglichkeiten privater Angestellter. Dies komme der Qualität des Maßregelvollzugs insgesamt zugute. Nach den bislang in der Praxis gemachten Erfahrungen würden diese Vorzüge "nicht mit spürbaren Nachteilen" für den Grundrechteschutz der psychisch Kranken "erkauft". Der Gesetzgeber und auch das Landesparlament hätten allerdings die Pflicht, dies zu kontrollieren.(afp)