Berlin. Bundesaußenminister Westerwelle will in der EU für eine eigene europäische Ratingagentur werben. Es sei höchste Zeit, den US-Ratingagenturen etwas entgegenzusetzen, sagte der FDP-Minister in einem Medienbericht am Dienstag. Standard & Poor's hatte zuvor den Euro-Rettungsschirm herabgestuft.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) fordert eine europäische Ratingagentur nach dem Vorbild der Stiftung Warentest. Er werde darüber mit seinen europäischen Amtskollegen sprechen, sagte Westerwelle der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es sei höchste Zeit, den anglo-amerikanischen Ratingagenturen mehr Wettbewerb entgegenzusetzen. Diese räumten selbst ein, dass sie auch politische Bewertungen vornähmen.
Westerwelle sagte, in Deutschland genieße die Stiftung Warentest große Glaubwürdigkeit. Deshalb solle man die Idee einer solchen Stiftung als Beispiel nehmen, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu benoten.
Westerwelle sagte, er gehe nicht davon aus, dass auf Deutschland größere Verpflichtungen bei der Euro-Rettung zukommen, weil die Ratingagentur Standard & Poor's Frankreichs Kreditwürdigkeit herabgestuft hat. Es werde bei der Lastenteilung bleiben, wie sie in Europa verabredet worden sei.
Standard & Poor's stuft Euro-Rettungsschirm herab
Drei Tage nach dem Downgrade Frankreichs und Österreichs hat die Ratingagentur Standard & Poor's am Montag den EFSF um einen Punkt auf AA+ herabgestuft. Das ist ein weiterer Rückschlag für die Eurozone im Kampf gegen die Schuldenkrise. Denn die Aufnahme von Krediten, mit denen der Fonds Hilfsprogramme für Wackelkandidaten finanziert, könnte nun erheblich teurer werden und die bisherige Rettungsstrategie torpedieren. Im Bundesfinanzministerium reagierte man derweil gelassen auf die jüngste Entwicklung.
Der bittere Schritt war erwartet worden, nachdem die bisherigen AAA-Staaten Frankreich und Österreich ihre Spitzenbonität verloren hatten. Denn die Ausleihsumme des Fonds, die durch AAA-Garantien abgesichert ist, könnte durch den Ausfall von Paris und Wien von 440 auf 270 Milliarden Euro schrumpfen. Allerdings werden beide Länder - und auch der EFSF selbst - von den zwei anderen großen Ratingagenturen Moody's und Fitch nach wie vor mit AAA bewertet. Deswegen dürfen die meisten Großanleger wie Versicherungen und Pensionsfonds auch weiter
Das deutsche Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, wies Vorwürfe gegen Standard & Poor's zurück. Der Gedanke, die Agentur habe die Kreditwürdigkeit von neun Staaten der Eurozone auf Druck der US-Regierung herabgestuft, gehe in Richtung einer Verschwörungstheorie, sagte Asmussen der "Bild"-Zeitung. "Davon halte ich nichts", sagte er. "Im Übrigen lassen sich solche Vermutungen schon leicht durch den Hinweis entkräften, dass die USA selbst im vergangenen Jahr von einer amerikanischen Ratingagentur herabgestuft wurden." (dapd)