Düsseldorf. . Der Außenminister macht den FDP-Mitgliedern beim Neujahrsempfang seiner Partei in Düsseldorf Mut. Der Vielgescholtene beendet im Stil eines Parteichefs seine lange Sprachlosigkeit - weist aber Spekulationen zurück, ihn dränge es wieder an die Spitze.

Monatelang hat Guido Westerwelle das selbst auferlegte Schweigegelübde zur Innenpolitik erfüllt. Auf dem Neujahrsempfang der NRW-FDP aber startet der Außenminister ein innenpolitisches Comeback. Will da einer nach dem Desaster mit der „Boygroup“ um Parteichef Philipp Rösler zurück an die Spitze? Westerwelle weist das zurück. „Leute, das habe ich hinter mir. Ich stehe nicht auf der Brücke, aber im Maschinenraum – und da will ich weiter mitmachen.“ Die 1000 FDP-Gäste im Düsseldorfer Maritim danken mit lang andauerndem Beifall.

Schon im Vorfeld hat der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki die Spekulationen über Westerwelles künftige Rolle angeheizt. Die FDP könne auf einen begnadeten Redner wie Westerwelle nicht verzichten. Deshalb müsse der Außenminister die Abstinenz bei öffentlichen Äußerungen beenden, drängt Kubicki auf Flankenschutz für den glücklosen Rösler.

Rösler, ein Fehler?

Im Stil eines Parteichefs reißt Westerwelle die Parteibasis im Düsseldorfer „Maritim“-Hotel für 40 Minuten mit einer Mutmachrede aus der Depression und weckt in der Zwei-Prozent-Partei neue (Über-)Lebensgeister. „Die FDP darf sich nicht vom Zeitgeist einschüchtern lassen.“ Es müsse in Deutschland eine Partei geben, für die Leistung wichtiger sei als Umverteilung. Manch einem im Saal dämmert, dass es ein Fehler gewesen sein könnte, Westerwelle gegen den jungen Amateur Rösler zu tauschen.

Der Außenminister genießt die lange schmerzlich vermisste Sympathie der Partei. Westerwelle warnt vor „Schönwetterliberalen“ und fordert ein „brennendes Herz“ für die liberale Sache. Der „fahnenflüchtige“ Ex-General Christian Lindner wird im „Maritim“ nicht mal bei der Vorstellung der Promis erwähnt. „Ich unterstütze die neue Parteiführung ohne Wenn und Aber“, beweist Westerwelle Loyalität. „Es gibt Situationen, in denen sich die Partei vor ihr Führungspersonal stellen muss.“

NRW leidet unter Bundespartei

Intrigen, Inkompetenz, der Absturz in den Umfragen – die FDP-Basis in NRW leidet merklich unter der Berliner Spitze. Fraktionschef Gerhard Papke bringt das Dilemma auf den Punkt. „Es nervt, wenn man in Düsseldorf gegen den böigen Ostwind ankämpfen muss.“ Papke fordert eine Trendwende und den Wiederaufstieg 2012. Auch FDP-Landeschef Daniel Bahr mahnt mehr Selbstbewusstsein an. Schluss mit der lähmenden Selbstbespiegelung, die FDP müsse ihre Erfolge herausstellen. „Schröder hätte sich ein Denkmal bauen lassen, wenn er die Arbeitslosigkeit von fünf auf unter drei Millionen gesenkt hätte“, gibt Bahr Gas.

Mit der Erfahrung von zehn Jahren Parteivorsitz erinnert Westerwelle daran, dass die FDP seit Jahrzehnten tot geschrieben wird: „Wir packen es wieder.“ Der Erfolg der FDP habe in der Vergangenheit immer wieder in NRW seinen Ausgang genommen, „auch jetzt wird es wieder so sein“. Westerwelles Credo in der Krise: Kompass, Kraft, Verstand und Selbstbewusstsein. So klappt’s.

Er trifft den Nerv

Der 50-jährige trifft den Nerv. Dann hetzt der Außenminister weiter nach Athen, um Wege aus der Schulden- und Euro-Krise zu suchen. FDP-Landeschef Daniel Bahr, der den vor Jahresfrist geschassten Ex-Parteichef als Redner und Retter gerufen hatte, hält eine gute Rede, kann Westerwelle aber nicht das Wasser reichen.

Nach dem Empfang wirkt die schwer angeschlagene Partei ein Stück optimistischer. Ein Gast bleibt angesichts der politischen Großwetterlage jedoch nachdenklich. „Der Ernstfall ist nicht der Neujahrsempfang. Morgen ist wieder politischer Alltag.“