Stuttgart. . In seiner ersten Grundsatzrede als Parteivorsitzender erinnert Philipp Rösler an die Erfolge der Liberalen in der Berliner Koalition. „Deutschland geht es gut unter Schwarz-Gelb“, lautet seine Botschaft – trotz miserabler Umfragedaten für die Partei. Die nächste Landtagswahl findet in 17 Wochen statt.
In seiner ersten Rede als FDP-Parteichef hat Philipp Rösler die Arbeit der schwarz-gelben Koalition verteidigt. In diesem Jahr hätten die Deutschen im Durchschnitt 413 Euro mehr Geld in der Tasche, „durch kleine Steuererleichterungen, durch niedrigere Rentenbeiträge, durch höhere Löhne und höhere Renten“, sagte er auf dem traditionsreichen Dreikönigstreffen der Partei in Stuttgart mit Blick auf Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Sein Fazit: „Deutschland geht es gut unter Schwarz-Gelb.“
Rösler betonte in seiner Rede das Bekenntnis der FDP zur sozialen Marktwirtschaft, zu „Fortschrittsoptimismus und Zukunftschancen“.
Die Liberalen dächten anders als „die Fortschrittsverweigerer, die Pessimisten und Gutmenschen“, die reflexartig den warnenden und belehrenden Zeigefinger erheben würden, wenn von der Notwendigkeit des Wachstums die Rede sei.
Irritiert über die neue Haltung der CDU
Der FDP-Chef kritisierte zugleich die Haltung mancher in der Union, die sich neuerdings auch „zum Verzicht auf Wachstum“ bekennen würden. Es habe ihn „irritiert“, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kürzlich in einem Interview eine Begrenzung des Wirtschaftswachstums in den westlichen Ländern gefordert habe. „Bei allem Respekt vor Kabinettskollegen. Das ist nicht haltbar.“
Das Beispiel zeige aber eindrucksvoll, es komme darauf an, dass die FDP in einer Regierung dabei sei. „Wir halten den Kurs - auch wenn die anderen Parteien die Grundachse Deutschlands verschieben wollen.“
Gegen den flächendeckenden Mindestlohn
Einen flächendeckenden Mindestlohn lehnte er weiterhin ab. „Nicht der Staat legt den Lohn fest, sondern die Tarifparteien.“ Wachstum könne nur durch einen offenen Arbeitsmarkt erreicht werden, nicht aber, indem Mauern darum gezogen würden. Deshalb lehne die FDP eine einheitliche Lohnuntergrenze ab.
An die Adresse der Union gewandt, verwies Rösler auf den gemeinsamen Koalitionsvertrag, in dem die Regierungsparteien einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn ablehnen. Die CDU hatte sich allerdings auf ihrem Leipziger Parteitag Mitte November darauf verständigt, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert.
Für eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte
Zugleich sprach Rösler sich für eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte aus. Die Finanzmarktgeschäfte hätten sich „zunehmend von der realen Welt entfernt und verselbstständigt“, sagte er. Diese „Tendenz zur Verantwortungslosigkeit und Ordnungslosigkeit“ gefährde die soziale Marktwirtschaft. „Das können wir nicht länger hinnehmen“, stellte er fest. Indirekt nahm er in seiner Rede die Großbanken in die Verantwortung: „Definitiv nicht die Ursache der Finanzmarktkrise“ seien die kleinen und mittleren Kreditinstitute gewesen, die mit ihrem Hauptgeschäft den Mittelstand finanzierten.
„Erfolg nur im Team“
Schließlich rief Rösler seine Partei zum Kämpfen auf. „Für unsere Überzeugungen lohnt es sich aufrecht zu stehen und zu kämpfen. Gemeinsam reißen wir das Ruder rum“, betonte Rösler angesichts der jüngsten dramatischen Umfragedaten.
Danach haben die Liberalen weiterhin an Zustimmung verloren. Der ARD-Deutschlandtrend hatte am Vortag ermittelt, dass nur noch zwei Prozent der Wähler für die FDP stimmen würden.
Erfolg, so Rösler, werde die Partei aber nur haben, „wenn wir als Team gut zusammen arbeiten“ - im Kabinett, in den Führungsgremien der Partei und gemeinsam mit der Bundestagsfraktion. Zudem sei er fest davon überzeugt, dass die Partei bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein erfolgreich sein werde. Es komme jetzt darauf an, deutlich zu machen, dass die FDP für Deutschland unverzichtbar sei.
Der neue Generalsekretär räumt Versäumnisse ein
Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring hat angesichts der derzeitigen Situation der Partei Versäumnisse eingeräumt. „Wir haben viel erreicht, aber wir haben nicht so viel erreicht, wie wir uns 2009 erhofft haben“, sagte Döring beim traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart. Die Mitte der Gesellschaft erwarte, dass sich die Partei zusammenraufe.
Zugleich stellte Döring die Erfolge der FDP heraus. Die Liberalen dürften stolz darauf sein, dass sie einiges dafür getan hätten, um den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft mehr Geltung zu verschaffen. „Vieles mehr ist auf der Haben-Seite der vergangenen zwei Jahre“, fügte er hinzu.
Nord-FDP ohne große Hoffnung vor der Landtagswahl
Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki räumt einem Zwei-Parteien-Bündnis nach Landtagswahl am 6. Mai geringe Mehrheitschancen ein. „Ich halte eine Dreier-Konstellation für wahrscheinlicher“, zitierte das Nachrichtenmagazin Focus den Liberalen. Kubicki favorisiert demnach eine Koalition aus CDU, Grünen und FDP.
CSU bietet Hilfe im Überlebenskampf an
Die CSU, die zeitgleich in Wildbach-Kreuth ihre traditionelle Klausur durchführt, sicherte dem angeschlagenen Berliner Koalitionspartner FDP aus der Ferne Unterstützung beim Überlebenskampf zu. Ein Einlenken bei wichtigen Themen wie der Vorratsdatenspeicherung lehnte sie aber ab. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte am Freitag, er wolle den Liberalen durch „kollegiales Verhalten“ helfen. Dies könne aber nicht um den Preis geschehen, dass seine Partei eigenes Profil aufgebe. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betonte, die FDP müsse aus ihrer „schwierigen Situation selbst herauskommen“. So müsse klar werden, wofür der Koalitionspartner stehe.
dapd/afp