Stuttgart/Berlin. . Am Tag vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart kam die alarmierende Meldung: Nur noch zwei Prozent der Deutschen würden FDP wählen. Parteichef Philipp Rösler hält am heutigen Freitag seine erste Grundsatzrede.

FDP-Chef Philipp Rösler hat vermutlich keine ruhige Nacht gehabt. Am Freitag tritt der junge Parteichef in Stuttgart ans Rednerpult, um vor dem traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen seine erste Grundsatzrede zu halten. Die Erwartungen sind hoch, die Nachrichten der letzten Tage dagegen niederschmetternd: Die Partei, die bei der letzten Bundestagswahl fast 15 Prozent der Wählerstimmen bekam, ist nach dem am Donnerstag veröffentlichten ARD-Deutschlandtrend auf zwei Prozent abgerutscht. Dies ist der schlechteste Wert, den die Partei in der Erhebung je erreichte.

Führende Liberale machten im Vorfeld klar, dass sie nun von Rösler eine klare Kursbestimmung für den Weg aus der Krise erwarten.

Hinter der FDP liegt eine Serie von Wahlniederlagen, in Umfragen liegt sie konstant unter fünf Prozent, und ein umstrittener Mitgliederentscheid zur Euro-Rettung hatte Ende 2011 für scharfen parteiinternen Streit gesorgt. Auch hat Rösler bislang Zweifel an seiner Eignung für den Parteivorsitz nicht ausräumen können. Neben Rösler wird auch der neue Generalsekretär Patrick Döring auf dem Treffen sprechen.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sieht trotz der kritischen Lage das Jahr 2012 als Chance für den Wiederaufstieg der FDP. Das Dreikönigstreffen sei der Start dafür, sagte der Vorsitzende der FDP in Nordrhein-Westfalen am Freitag im Deutschlandradio Kultur. „Die FDP ist krisenerfahren“, erklärte er. „Wir haben schon in mehreren Jahren immer wieder das Totenglöcklein läuten hören und es hat sich nicht bestätigt.“

Rösler unter Druck

Sein Parteichef Philipp Rösler steht allerdings seit Wochen unter Druck. Laut ARD-Umfrage ist er Schlusslicht in der Beliebtheitsskala der Spitzenpolitiker, kommt nur auf eine Zustimmung von 20 Prozent (minus 2). Vor Rösler liegen mit Fraktionschef Rainer Brüderle (27 Prozent Zustimmung) und Außenminister Guido Westerwelle (25 Prozent Zustimmung) zwei weitere Liberale.

In München hat Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) das Erscheinungsbild seiner Partei kritisiert. „Der Neuanfang vom Mai letzten Jahres war kein Neuanfang“, sagte Baum am Vortag im Bayerischen Rundfunk. „Ich erwarte, dass dieser Neuanfang jetzt wirklich geschieht. Die sogenannte Boygroup aus Parteichef Philipp Rösler, Ex-Generalsekretär Christian Lindner und Gesundheitsminister Daniel Bahr habe „es ja nicht gebracht“. „Jetzt muss ein Anfang gemacht werden, der von der ganzen Partei getragen wird“, sagte Baum.

Auf die Frage, ob Rösler der richtige Parteivorsitzende sei, antwortete Baum: „Das wird sich zeigen.“ Dass die FDP gerade noch auf zwei Prozent kommt, könne „schlimmer nicht werden.“ Rösler habe aber noch „alle Chancen“; entscheidend sei das Abschneiden der FDP bei den kommenden Wahlen in Schleswig-Holstein, sagte Baum.

Vier von fünf Bundesbürgern glauben der FDP nicht mehr

Ein entscheidender Grund für die schlechte Lage der FDP ist nach Ansicht einer großen Mehrheit der Deutschen mangelnde Glaubwürdigkeit. 83 Prozent sind der ARD-Umfrage zufolge der Meinung, dass „die FDP seit Jahren vieles verspricht, was sie nicht gehalten hat“. Glaubwürdig finden die Liberalen demnach nur 15 Prozent der Deutschen. „Schlechte Arbeit der FDP-Minister im Kabinett“, nennen fast zwei Drittel als einen entscheidenden Grund, die Arbeit des Parteichefs Philipp Rösler nennt die Hälfte der Befragten. Nur ein Drittel der Deutschen glaubt demnach, dass Rösler Ende des Jahres noch FDP-Chef sein wird.

Die Union lag in der Umfrage unverändert bei 35 Prozent, die SPD verharrte bei 30 Prozent, die Grünen bei 16 Prozent. Die Linkspartei verschlechterte sich um einen Punkt auf sechs Prozent, die Piratenpartei lag unverändert ebenfalls bei sechs Prozent. Für die sogenannte Sonntagsfrage im Auftrag der ARD-“Tagesthemen“ befragte das Institut Infratest dimap von Montag bis Mittwoch 1500 Wahlberechtigte bundesweit. afp/dapd