Berlin. Statt auf Lindner und zu Guttenberg schaut die Politik nun auf Schäuble und Brüderle. Jetzt sollen es die alten Haudegen richten, nicht mehr die iPhone-Generation. Die Alten haben vorgeführt, wie man unliebsame Konkurrenten wegbeißt. Zur Strafe müssen sie jetzt selbst nochmal ran.

Es war in München, eine beiläufige Begegnung auf dem Flughafen. Monate später hat der CDU-Abgeordnete Philipp Mißfelder noch nicht vergessen, was ihm ein früherer Kollege aus Essen damals im Frühsommer frotzelnd zurief: „Ihr Jungen vermasselt es gerade.“ Das war noch unter dem Eindruck des blamablen Abgangs von Karl-Theodor zu Guttenberg im Zuge der Plagiatsaffäre. Mißfelder, Jahrgang 1979, Chef der Jungen Union, konnte nicht ahnen, dass Ende des Jahres ein weiterer Hoffnungsträger das Handtuch werfen würde, diesmal ein Liberaler: Christian Lindner.

2011 war nicht das Jahr der iPhone-Generation in der Politik. Im Sommer war in Schleswig-Holstein Christian von Boetticher von der CDU gestürzt. Eine Beziehung zu einer 16-Jährigen zwang ihn zum Rücktritt. Auch er galt als erfolgversprechendes Talent, mit 28 im EU-Parlament, mit 34 Landesminister, mit 38 Chef der Fraktion, bei der Wahl im Mai 2012 sollte er CDU-Spitzenkandidat sein.

Das Kabinett Merkel ist das jüngste aller Zeiten

Das Kabinett Angela Merkel ist wohl das jüngste aller Zeiten. Die Minister Philipp Rösler, Daniel Bahr und Kristina Schröder sind unter 40. Aber wer wirkt am dynamischsten? Ursula von der Leyen, Thomas de Maizière, die älteren Minister, vor allem Wolfgang Schäuble, der 2012 seinen „70.“ feiern will.

Schröder gilt nicht gerade als Aktivposten. Vize-Kanzler Rösler wirkt als FDP-Chef angezählt. Nicht mehr auf die Boygroup Rösler, Lindner, Bahr richten sich die Blicke, sondern auf einen Haudegen: Fraktionschef Brüderle.

Lindner verabschiedete sich als FDP-Generalsekretär mit einem vielsagenden „auf Wiedersehen“ und blieb im Bundestag. Nur als „vorerst gescheitert“ (so der Titel seines Buches) sieht sich auch der 40 Jahre alte Guttenberg.

Lindner, Rösler & Co. müssen Steherqualitäten beweisen

Schwer zu sagen, ob die Jungen nicht kämpfen können (oder wollen). Wie man sie wegbeißt, führten Schäuble und von der Leyen vor. Der Finanzminister zog den Wirtschaftsminister gleich zu Anfang über den Tisch, als er über ein vertrauliches Abendessen plauderte und ihn im Grunde als sympathisch, aber harmlos darstellte. Von der Leyen stellte ihre Nachfolgerin bloß, indem sie sich immer wieder in die Familienpolitik einmischte und in der Streitfrage „Frauenquote“ offen eine Gegenposition bezog.

Nun müssen Lindner, Rösler, Schröder oder Guttenberg Steherqualitäten beweisen. Was beschert ihnen das Jahr 2012, die Gnade der zweiten Chance?