Kairo. . Für den Chefankläger ist der gestürzte Staatsmann verantwortlich für die Schüsse auf die Demonstranten während des Umsturzes Anfang 2011. Laut Gesetz stehe auf Mord die Todesstrafe. Husni Mubarak verfolgt die dramatische Rede des Chefanklägers von einer Trage aus.
Im Prozess gegen den gestürzten ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak hat die Generalstaatsanwaltschaft die Todesstrafe gefordert. Laut Gesetz stehe auf Mord die Höchststrafe, sagte Chefankläger Mustafa Suleiman am Donnerstag in seinem Abschlussplädoyer im großen Hörsaal der Polizeiakademie am Stadtrand von Kairo. Dort findet das Gerichtsverfahren gegen Mubarak, seine beiden Söhne Alaa und Gamal sowie gegen den ehemaligen Innenminister Habib el-Adly und sechs hohe Polizeigeneräle statt.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sollen auch diese neun Angeklagten am Galgen enden. Es lägen „handfeste Beweise“ dafür vor, dass der „tyrannische Führer“ Mubarak für tödliche Schüsse auf Demonstranten während des Umsturzes im vergangenen Jahr verantwortlich sei, sagte Chefankläger Suleiman. Mubarak habe zudem „die Korruption ausgebreitet, die Türen für seine Freunde und Verwandte geöffnet und das Land bedenkenlos ruiniert“. Er verdiene es, „in Erniedrigung und Entwürdigung zu enden – vom Präsidentenpalast über den Angeklagtenkäfig hin zur härtesten aller Strafen“.
Viele starben durch Kugeln der Sicherheitskräfte
Der Ex-Präsident lag während der dramatischen Rede des Anklägers regungslos auf einer Bahre in dem Eisenkäfig für Angeklagte. Der 83-Jährige wird seit Beginn des Prozesses im „International Medical Centre“ betreut, das an der Autobahn zwischen Kairo und Ismailia liegt.
Nach Auffassung der Ankläger wurde der Schießbefehl am 27. Januar erteilt, einem Donnerstag, zwei Tage nach Beginn der Demonstrationen. Der dann folgende „Freitag des Zorns“ war der blutigste Tag der gesamten Revolution mit über 160 Toten und 2000 Verletzten. Die meisten Menschen starben durch Kugeln der Sicherheitskräfte oder wurden gezielt von Polizeiautos überfahren. Am Abend stand das Hauptquartier von Husni Mubaraks Nationaldemokratischer Partei (NDP) am Nilufer in Flammen, Plünderer drangen in das benachbarte Ägyptische Museum ein.
Gleichzeitig beorderte das Regime die gesamte Polizei von den Straßen und ließ mehr als 24.000 Gefangene entkommen. Noch in der Nacht begannen zusammengetrommelte Bürgerwehren in allen Vierteln der 20-Millionen-Metropole, Straßensperren zu errichten, um ihre Häuser vor Plünderern zu schützen.
Chefankläger: Mubarak ist für den Tod der Demonstranten verantwortlich
Mubarak, der am 11. Februar 2011 von seinem Volk gestürzt wurde, steht bereits seit Anfang August vor Gericht. Der Prozess war im Herbst für drei Monate bis zum 28. Dezember unterbrochen worden, nachdem die Anwälte der Opfer gegen den Vorsitzenden Richter Ahmed Refaat einen Antrag auf Befangenheit gestellt hatten – ohne Erfolg.
In seinem Plädoyer betonte Staatsanwalt Suleiman, auch wenn Mubarak nicht direkt den Schießbefehl erteilt haben sollte, sei er dennoch für den Tod der Demonstranten verantwortlich. Es sei unmöglich, dass der Ex-Präsident nichts von den Vorgängen gewusst habe. Auch habe der mitangeklagte Innenminister Habib el-Adly niemals einen Schießbefehl erlassen können, „ohne von Mubarak dazu ermächtigt worden zu sein“. Bei dem 18-tägigen Aufstand vor einem Jahr waren in Ägypten 850 Menschen getötet und mehr als 6500 verletzt worden.
Mubaraks Verteidiger reagierten empört und nannten das Plädoyer „eine Predigt ohne jede Beweise“. Die Anklage könne nicht einen einzigen Zeugen präsentieren, der ihre Sicht der Vorgänge belege, erklärten sie.
Mubarak vor Gericht
30 Jahre Mubarak