Berlin. . CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat zur Beilegung des koalitionsinternen Streits um die Vorratsdatenspeicherung aufgerufen. Es sei endlich an der Zeit, in der Koalition eine Lösung zu finden, sagte Gröhe. Auch liberale Wähler erwarteten überzeugende Antworten zur inneren Sicherheit.
Der Dauerzwist um die Vorratsdatenspeicherung ist für CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ein Ärgernis. Es sei an der Zeit, in der Koalition einen Kompromiss zu finden, „wir müssen den Sack zumachen“. Die neue Qualität: Nun drohen Strafzahlungen aus Brüssel, weil eine Richtlinie nicht umgesetzt wird. Ein Gespräch über die Herausforderungen, die 2012 lauern, über die Profilneurose der FDP, über Konservative in der CDU, freie Wähler, nicht zuletzt über die „Kreditaffäre“.
Herr Gröhe, ist Christian Wulff ob der Affäre angeschlagen?
Gröhe: Natürlich geht einem so etwas nahe, das ist doch normal. Ich glaube allerdings, dass der Bundespräsident die Chance hat, verlorenes Vertrauen schnell zurückzugewinnen. Die meisten Bürger stehen zu ihm.
Einschließlich des Bürgers Sigmar Gabriel, der sich gegen einen Rücktritt aussprach?
Wenn der SPD-Chef einen Beitrag dazu leisten will, mit dem ersten Amt im Staat respektvoll umzugehen, sollte er seine Partei zur Ordnung rufen. Das ständige Wiederholen von längst beantworteten Fragen schafft nur Unruhe. Aus meiner Sicht hat Christian Wulff mit der Offenlegung der Kreditverträge die entscheidenden Fragen geklärt. Von der SPD erwarte ich, dass sie nicht mit dem Amt spielt, die Debatte nicht unnötig verlängert.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring hat sich gleich mit Kritik an der CDU in seinem neuen Job eingeführt. Driftet die CDU wirklich nach links ab?
Bei manchem Vorwurf muss ich schmunzeln. Wer die Mitte beschwört, sollte nicht bei der Vorratsdatenspeicherung mit der Piratenpartei links von der SPD um den Zeitgeist wetteifern.
Vielleicht braucht die FDP quasi Rabatt. Irgendwo muss sie sich profilieren können. Dann gibt es eine Vorratsdatenspeicherung.
Weder braucht die FDP Rabatt, noch nützt ihr ein Stimmungswettlauf mit den Piraten. Was zählt, sind gute Ergebnisse. Bei der Vorratsdatenspeicherung heißt das: Eine bürgerliche Koalition schuldet den Bürgern den Schutz ihrer Freiheit, aber auch ihrer Sicherheit. Auch liberale Wähler erwarten überzeugende Antworten bei Fragen zur inneren Sicherheit.
Was sind Ihre größten Sorgen mit Blick auf das Jahr 2012?
Die CDU ist stolz auf die Arbeit dieser Regierung und hat in den letzten Monaten wieder steigende Umfragewerte gehabt. So muss es weitergehen, wir wollen die CDU weiter stärker machen.
„Weiter stärker“ klingt putzig. Sind Sie so ein Optimist oder verträgt es sich nicht mit Ihrem Job, Sorgen zu benennen? Was ist mit den verlorenen Wahlen?
Erst mal schaue ich auf die Situation des Landes. Das ist der Gradmesser. Und dem Land geht es gut. Bei den Landtagswahlen 2011 gab es in der Tat bittere Ergebnisse, wobei es nicht nur Schatten, sondern auch Licht gab. Denken Sie nur an Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt.
Wie viele Mitglieder hat die CDU?
Knapp eine halbe Million. Wobei man gedanklich die CSU mit ihren rund 150 000 Mitgliedern dazuzählen sollte, wenn man mit der SPD vergleicht. Die Entwicklung ist jedoch nicht zufriedenstellend. In unseren besten Zeiten hatte allein die CDU 700 000 Mitglieder. Das ist bei der SPD nicht anders. Die hat sich von einer Million auf heute ebenfalls knapp 500 000 halbiert. Den größten Zulauf hatten wir in den 70er Jahren. Nun droht die CDU zu überaltern. Dagegen arbeiten wir an. Wir haben gerade erst eine Aktion gestartet, um neue Mitglieder zu gewinnen.
Es gibt auch den „Berliner Kreis“ der Konservativen. Dort redet man über den Zustand der CDU besorgter als Sie. Sind das eigentlich Ihre Verbündeten?
Jeder ist willkommen, der sich darüber Gedanken macht, wie wir enttäuschte Stammwähler zurückgewinnen können. Nur muss man dabei konkret werden. Es reicht nicht, zu sagen, wir müssen konservativer werden. Dass wir unseren Mitgliedern sehr viel zugemutet haben – bei der Energiewende, in der Euro-Frage – ist mir sehr bewusst. Zugleich können wir stolz darauf sein, wie erfolgreich eine CDU-Kanzlerin unser Land durch die Krise führt.
Nehmen Sie Gerüchte über eine neue Partei rechts von der CDU ernst? Wären die freien Wähler bundesweit eine Bedrohung?
Man darf nichts unterschätzen, denken Sie nur an die Piraten auf der linken Seite. Eine Auffächerung im bürgerlichen Lager wäre ein echtes Ärgernis. In der CDU sind konservative Positionen gut aufgehoben. Was die freien Wähler betrifft: Ein parteifernes Angebot, gewürzt mit anti-europäischer Polemik von Herrn Henkel, ist noch keine verantwortungsvolle Position.