Berlin.. Der Eurokritiker Hans-Olaf Henkel macht bei den Freien Wählern mit. Demnächst auch Paul Kirchhoff und Hans-Werner Sinn? Es könnte der Todesstoß werden für die Konkurrenz von der FDP.
Der FDP droht zur Bundestagswahl 2013 eine neue und möglicherweise gefährliche Konkurrenz: Mit Ex-Industriepräsident Hans-Olaf Henkel als Zugpferd und einem klar eurokritischen Kurs wollen die Freien Wähler erstmals bundesweit antreten – als „liberal-konservative“ Kraft, die gezielt enttäuschte FDP-Wähler, aber auch unzufriedene Unionsanhänger umwerben will.
Henkel und der Bundesvorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, stellten gestern in Berlin erstmals ihre Pläne zur Erweiterung des Parteienspektrums vor. Kernpunkt: Mit dem Euro-Rettungskurs der Koalition drohe Deutschland und Europa eine ruinöse Überschuldung. Die Politik von Schwarz-Gelb sei „politischer Wahnsinn“, die Freien Wähler wollten sich dagegen als „solide Finanzpartei“ profilieren. Henkel meinte, nach dem Scheitern des Euro-Mitgliederentscheids bei der FDP würden viele Mitglieder und Anhänger eine neue Orientierung suchen. Die FDP habe sich „selbst umgebracht“, die Freien Wähler könnten sie im Bundestag ersetzen.
Gefährlich sind sie im Moment nur für die FDP
Ob die Partei die Kraft hat, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, ist aber völlig offen. Ihre Domäne sind die Kommunen, auf Bundesebene haben sie noch nie, auf Landesebene erst zum Teil kandidiert – viele der 300 000 Mitglieder haben daran auch kein Interesse. Nur in Bayern sind sie im Landtag. Bei der letzten Europawahl kamen die Freien Wähler mit Spitzenkandidatin Gabriele Pauli nur auf 1,7 Prozent. Allerdings gilt das Potenzial von Wählern, die die aktuelle Politik der Euro-Rettung skeptisch sehen, als beträchtlich. Für die FDP, die 2013 um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen muss, könnte jedes an andere Bewerber verlorene Prozent tödlich sein – und damit auch für das schwarz-gelbe Bündnis.
Die Ankündigung beendet zugleich monatelange Spekulationen um die Neugründung einer Partei im Mitte-Rechts-Spektrum, um die sich Henkel bemüht hatte.
Eine Henkel-Partei wird es nicht geben
Jetzt will er davon nichts mehr wissen: Eine Partei-Neugründung sei „wegen der hohen bürokratischen Hürden praktisch unmöglich“. Offenbar fand Henkel auch zu wenige prominente Mitstreiter – alle Spekulationen, Persönlichkeiten wie Friedrich Merz, Wolfgang Bosbach (beide CDU) oder Wolfgang Clement würden sich beteiligen, haben sich zerschlagen. Bei den Freien Wählern soll Henkel nun die Rolle eines „geistigen Mentors“ spielen, sagte Aiwanger. Es sei aber wenig wahrscheinlich, dass Henkel als Spitzenkandidat zur Bundestagswahl antritt – auch wenn er als Dauergast in Talkshows einem breiten Publikum bekannt ist. Henkel sagte, er strebe „zur Zeit“ kein Mandat an.
Parteichef Aiwanger will noch weitere Prominente werben, etwa den Steuerrechtsexperten Paul Kirchhoff und den Wirtschafts-Professor Hans-Werner Sinn. Die Beteiligung von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) oder von Thilo Sarrazin (SPD) hat Aiwanger dagegen klar ausgeschlossen. Die programmatische Ausrichtung ist jenseits der Euro-Kritik noch unklar. Aiwanger empfiehlt den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone, Henkel will die gemeinsame Währung in einen soliden Nord-Euro und eine weicheren Süd-Euro spalten. Erster Testlauf für die Ambitionen soll nun die Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai 2012 werden. Henkel will dort im Wahlkampf mitmischen. In Schleswig-Holstein haben die Freien Wähler eine lange Tradition, sind deutlich vor CDU und SPD stärkste kommunale Kraft – bei der Landtagswahl 2009 erreichten sie aber nur 1 Prozent.