Mannheim. . Die Arbeiten am Bahnhofsprojekt Stuttgart stocken. Am Freitag verhängte ein Gericht erneut einen Baustopp für Teile der Baustelle. Diesmal stoppte der vom Aussterben bedrohte Juchtenkäfer das Bauvorhaben.

Erfolg für die Gegner des umstrittenen Bahnprojekts "Stuttgart 21": Für Teile der Baustelle gilt erneut ein Baustopp. Die Arbeiten am Grundwassermanagement dürften vorläufig nicht fortgesetzt werden, teilte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg am Freitag in Mannheim mit. Bei den Planungen sei der Artenschutz nicht ausreichend berücksichtigt worden. Hintergrund ist, dass in Bäumen, die für "Stuttgart 21" gefällt werden sollen, der streng geschützte Juchtenkäfer entdeckt wurde. Die Mannheimer Richter gaben einer Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) statt.

Die Bahn kündigte an, die Arbeiten an der Grundwasseraufbereitungsanlage von "Stuttgart 21" mit sofortiger Wirkung auszusetzen. Die Arbeiten würden bis zur abschließenden Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamts (EBA) unterbrochen, teilte das für das Projekt zuständige Kommunikationsbüro mit. Das Unternehmen rechnet mit zusätzlichen artenschutzrechtlichen Auflagen.

Eisenbahnbundesamt will Urteil noch nicht bewerten

Welche Konsequenzen der erneute Baustopp hat, ist noch offen. Denkbar ist aber, dass er das Bauvorhaben weiter verteuern wird. Der Sprecher des Eisenbahn-Bundesamts, Moritz Huckebrink, sagte auf Anfrage, die Behörde nehme das Urteil zur Kenntnis. Für eine Bewertung will das EBA die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Diese liege noch nicht vor, sagte der Sprecher. Die Landesregierung wollte sich nicht zu dem Urteil äußern.

Die Gegner des geplanten Tiefbahnhofs feierten die Entscheidung des VGH am Freitag als Erfolg. "Wir sehen es als einen Gewinn für den Artenschutz, der weit über die 'Stuttgart 21'-Baustelle hinausreicht", sagte BUND-Landesgeschäftsführer Berthold Frieß. Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen "Stuttgart 21", Hannes Rockenbauch, sagte, das Urteil des VGH zeige, dass "Stuttgart 21" weder fertig geplant noch genehmigt sei.

Anwalt sieht Konsequenzen für gesamtes Bauvorhaben

Rechtsanwalt Tobias Lieber, der den BUND im Verfahren vor dem VGH vertreten hat, rechnet mit Konsequenzen für das gesamte Bauvorhaben "Stuttgart 21". Das Gericht stelle generell infrage, ob die Bahn und das Eisenbahn-Bundesamt den Artenschutz bei der Planung des Tiefbahnhofs ausreichend berücksichtigt haben, sagte er. Solange das EBA keine Maßnahmen zum Artenschutz festgelegt habe, könne im Stuttgarter Schlossgarten kein Baum mehr gefällt werden.

In dem Rechtsstreit ging es um Änderungen am Grundwassermanagement der Baustelle, die das Eisenbahn-Bundesamt durch ein vereinfachtes Verfahren genehmigt hatte. Der BUND klagte dagegen, weil er nicht beteiligt worden war und weil die Entdeckung des geschützten Juchtenkäfers bei den Planungen nicht berücksichtigt wurde. Im Urteil des VGH heißt es, die Umplanung des Grundwassermanagements sei rechtswidrig und nicht vollziehbar. Das Eisenbahn-Bundesamt könne den Mangel aber in einem ergänzenden Verfahren beheben.

Das Gericht hatte Anfang Oktober schon einmal einen vorläufigen Baustopp angeordnet, den das Eisenbahn-Bundesamt als zuständige Aufsichtsbehörde jedoch durch einen angeordneten Sofortvollzug außer Kraft gesetzt hatte. (dapd)