Berlin. Die Innenminister sind sich zwar grundsätzlich einig, dass ein neues NPD-Verbot kommen soll. Aber der Zeitpunkt ist noch umstritten. Auf ihrer Tagung wird es wohl noch keinen Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen Partei geben.

Die Innenminister von Bund und Ländern werden bei ihrer Konferenz an diesem Donnerstag möglicherweise doch keinen Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen NPD beschließen. "Ich jedenfalls hielte das nicht für richtig", sagte der hessische Innenminister Boris Rhein der Zeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe). "Wer will, dass ein NPD-Verbotsverfahren Erfolg hat, darf es nicht über das Knie brechen", betonte der CDU-Politiker, der derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist.

"Jetzt wird vielfach so getan, als ob die NPD innerhalb von zwei Wochen verboten werden kann. Tatsächlich wird das Jahre in Anspruch nehmen", sagte der CDU-Politiker. Ein Scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht wäre seiner Ansicht nach eine "Niederlage für uns alle". Zuerst müsse eine "sorgfältige und umfassende Faktensammlung" gemacht werden.

Neumann: Bundesregierung soll Verbotsantrag stellen

Auch der Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) erwartet auf der Tagung keinen einvernehmlichen Beschluss für ein solches NPD-Verbot. Er warf Rhein und seinem niedersächsischen Kollegen Uwe Schünemann Blockadehaltung vor. "Einzelne Landesfürsten der Union, allen voran die Innenminister Hessens und Niedersachsens, haben bisher leider alle Versuche blockiert, ein neues NPD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen", sagte Neumann der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Deshalb werde es bei der Herbsttagung der Innenminister dazu keinen einvernehmlichen Beschluss geben können.

Auch im Bundesrat sei derzeit keine Mehrheit für ein neues Verbotsverfahren in Sicht. Neumann forderte daher die Bundesregierung auf, den Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) müssten ihren Worten jetzt Taten folgen lassen. "Wer ständig vom Verbot spricht, ohne dann zu handeln, macht den Staat lächerlich", sagte Neumann. "Bei gutem Willen kann der Antrag auf ein NPD-Verbot noch im ersten Halbjahr 2012 in Karlsruhe eingereicht werden."

Dort war vor dem Verfassungsgericht allerdings im Jahr 2003 der erste Verbotsantrag gescheitert, weil die NPD mit V-Leuten der Behörden unterwandert war. Zuletzt wurden die Rufe nach einem Verbot wegen der Neonazi-Mordserie wieder lauter.

Bei Verfahrensfehlern droht internationaler Schaden

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will bei der Diskussion um ein Verbot der rechtsextremen NPD zeitnah zu einem Ergebnis kommen. "Ich habe die Hoffnung, dass wir in den kommenden sechs Monaten über eine belastbare Tendenz entscheiden," sagte Stahlknecht. Zugleich mahnte er kurz vor der Innenministerkonferenz in Wiesbaden eine sorgfältige juristische Prüfung an. Stahlknecht sagte, bei Verfahrensfehlern drohte "nicht nur ein nationaler, sondern auch ein internationaler Schaden".

Die Innenminister von Bund und Ländern kommen ab Donnerstag (8.12.) zu ihrer zweitägigen Herbsttagung in Wiesbaden zusammen. Die Ressortchefs wollen unter anderem über ein neues NPD-Verbotsverfahren beraten. Das Thema soll beim traditionellen Kamingespräch der Innenministerkonferenz (IMK) am Donnerstagabend zur Sprache kommen.

Weiteres Thema ist die vorgeschlagene Bund-Länder-Kommission zur Aufklärung der Ermittlungspannen bei der rechtsterroristischen Mordserie. Auch das neue Terror-Abwehrzentrum und die Verbunddatei für rechtsextreme Terroristen stehen auf der Tagesordnung. Zudem sollen die gemeinsamen Strategien zur Abwehr islamistischen Terrors, das geplante Kompetenzzentrum Internetkriminalität und die Gewalt in und um Fußballstadien thematisiert werden. Das Thema Bleiberecht soll am Rande behandelt werden. (dapd, rtr)