Berlin. . Wenige Tage vor der Innenministerkonferenz am 8. und 9. Dezember gibt es unter den Bundesländern offenbar grundsätzlich Einigkeit darüber, gegen die rechtsextreme NPD ein Verbotsverfahren einzuleiten. Bundesinnenminister Friedrich erklärte, auf der Konferenz wolle man diskutieren, mit welchen Argumenten ein Verbot erfolgreich sein kann.
Ein Verbot der rechtsextremen NPD rückt näher. Bund und Länder sind sich nun grundsätzlich einig, einen zweiten Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sagte: "Es gibt jetzt eine klare Äußerung der Innenminister der Länder, die sich bislang eher heterogen geäußert hatten." Der CSU-Politiker betonte in Berlin: "Eines ist klar: Wir wollen am Ende die NPD verboten haben."
Die Diskussion über das NPD-Verbotsverfahren, das 2003 im ersten Anlauf gescheitert war, hat laut Friedrich in den vergangenen Tagen eine "neue Dynamik erhalten". Hintergrund sind Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, wonach der Thüringer NPD-Spitzenfunktionär Ralf Wohlleben verdächtig ist, direkt Beihilfe zu der Mordserie der Rechtsterror-Gruppe NSU geleistet zu haben.
Friedrich sagte: "Wir werden bei der Innenministerkonferenz kommende Woche sehr eingehend über das Thema sprechen. Ziel ist es, Kriterien aufzustellen, mit denen es gelingen kann, auch erfolgreich zu sein bei einem NPD-Verbotsverfahren." Deswegen müsse jetzt "sehr genau und sehr präzise" geprüft werden, wie man ein solches Verbotverfahren zum Erfolg führen kann.
NRW-Innenminister Jäger warnt, Verbotsverfahren wird nicht einfach
Im März 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht das erste NPD-Verbotsverfahren wegen der hohen Zahl von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei eingestellt. Das Gericht wies damals darauf hin, dass in den Jahren zuvor etwa 30 von 200 NPD-Vorstandsmitgliedern in Bund und Ländern für den Verfassungsschutz arbeiteten, also rund 15 Prozent. Diese "massive staatliche Präsenz auf den Vorstandsebenen" der NPD wertete das Gericht als "nicht behebbares Verfahrenshindernis".
Nach Auffassung von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bereitet die "verfassungsfeindliche NPD" den Boden für braune Gewalt. "Ich finde es unerträglich, dass wir diesen rechtsextremen Sumpf auch noch über die Wahlkampfkostenerstattung finanzieren. Demokratie muss Vieles aushalten können. Aber jetzt ist eine Grenze erreicht“, betonte Jäger. Verbindungen von einem ehemaligen führenden NPD-Funktionär zur Zwickauer-Terrorzelle seien ein ernstzunehmender Grund für ein NPD-Verbotsverfahren.
Jetzt müsse die Poitik die Voraussetzungen schaffen, damit ein Verbotsverfahren Aussicht auf Erfolg habe, betonte Jäger. Es werde aber nicht einfach, beim Bundesverfassungsgericht rechtlich eindeutig zu belegen, dass die NPD aggressiv-kämpferisch gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung agiere, damit also verfassungswidrig sei.
NPD von staatlicher Parteienfinanzierung ausschließen
Nach Ansicht des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU) sollte die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Dies sei "unterhalb eines Verbotsverfahrens" ein wirkungsvoller erster Schritt gegen Parteien, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpfen, schrieb Schünemann in einem am Sonntag veröffentlichten "Focus"-Beitrag.
Ein Verbot der NPD sei dennoch zu prüfen. Schünemann warnte jedoch vor "überspannten Erwartungen". Die Geschichte der Parteiverbote zeige, dass meist anschließend Nachfolgeorganisationen gegründet würden.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) rief zu einer Neubewertung des gewaltbereiten Rechtsextremismus auf und mahnte zu einem "neuen politischen Blick auf ein Verbot der NPD". Ein NPD-Verbot sei das Gebot der Stunde, sagte Ulbig der "Leipziger Volkszeitung" (Samstagausgabe). Voraussetzung sei aber, dass das Thüringer Terrortrio Bezüge zur NPD hatte und die NPD ihre Ziele mithilfe von Terror und Gewalt verfolgt.
Keinesfalls dürfe das Verfahren scheitern. Und unabhängig vom NPD-Verbotsverfahren müsse man "weiterhin alle Maßnahmen zur Bekämpfung des Extremismus ergreifen", sagte der Minister.
Ex-Verfassungsrichter warnt vor "unsäglicher Falle"
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, kritisierte den Umgang der Politik mit der Verbotsfrage. "Meine Befürchtung ist, dass sich die Politik für einen neuen NPD-Verbotsantrag entscheidet, ohne vorher die Erfolgsaussichten genau zu prüfen", sagte Papier der "Welt" (Montagausgabe). "Die Politik ist dabei, wieder in eine unsägliche Falle hineinzulaufen."
In einem Verbotsverfahren müsse bewiesen werden können, dass "die Partei als solche die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft", betonte der einstige Gerichtspräsident. "Die NPD - und nicht nur einer ihrer Funktionäre - müsste in diese mörderischen Anschläge in irgendeiner Form verwickelt sein." Dieser Nachweis werde nicht einfach zu erbringen sein. (dapd/goe/WE)