Brüssel. . Den schwarzen Schafen in den eigenen Reihen hat es das Europa-Parlament in der Vergangenheit sträflich leicht gemacht. Undurchsichtige Nebeneinkünfte, bezahlte Gefälligkeiten für Lobbyisten, Einladungsreisen zum Grand Prix nach Brasilien - dergleichen Praktiken haben den Ruf des ganzen Hauses beeinträchtigt. Ein Verhaltenskodex soll nun für Klarheit sorgen, was geht und was nicht.
Die Abgeordneten müssen demnächst alle Neben-Einkünfte ab 500 Euro im Monat und 5000 Euro im Jahr angeben. Dasselbe gilt für berufliche Verpflichtungen, Sitz in Aufsichtsräten oder ein Engagement in Interessen-Gruppen, und zwar auch für die drei Jahre vor Antritt des Mandats in Straßburg. Wer nach seiner Zeit als EU-Volksvertreter Lobbyist wird, verliert den bevorzugten Zutritt zum EP.
Die Annahme von Geld oder Gefälligkeiten für parlamentarische Aktivitäten ist erstmals ausdrücklich untersagt. Und Geschenke oder geldwerte Leistungen im Wert über 150 Euro sind unzulässig. Die Strafen reichen vom Ausschluss von Sitzungen bis zum Entzug bestimmter parlamentarischer Funktionen.
„Mehr Ehrlichkeit und Transparenz“
Parlamentspräsident Jerzy Buzek lobte die neue Hausordnung, die fraktionsübergreifend verabschiedet wurde und am 1. Januar in Kraft tritt, als “starken Schutzschild gegen unethisches Verhalten”. Aber auch die Grünen, die traditionell besonderen Wert auf eine weiße Weste legen, sind sehr zufrieden: “Die heutige Entscheidung ist ein Durchbruch hin zu mehr Ehrlichkeit und Transparenz”, erklärte der grüne EU-Parlamentarier Gerald Häfner. Die Bürger “müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Abgeordneten nicht ihren Eigennutzen, sondern ausschließlich das Gemeinwohl im Auge haben”.
Gemischter fällt die Reaktion bei unabhängigen Experten aus. Die Saubermann-Initiative Alter Ego kritisierte Schlupflöcher bei den Vorschriften für Geschenke. Auch in Zukunft könnten sich Abgeordnete von der Lobby Luxusreisen spendieren lassen. Transparency International begrüßte den Kodex grundsätzlich als Schritt nach vorn.
Skandal im März gab Anstoß
Es bleibe aber unbefriedigend, dass jeder Abgeordnete gleich nach Ende seines Mandats Lobby-Vertreter werden könne und die Aktiven über Kontakte mit Interessenvertretern nicht Buch führen müssten. Nun komme alles auf eine energische Umsetzung der Regeln an.
Anstoß zur Ausarbeitung des Verhaltenskodexes hatte ein Skandal im März gegeben. Damals hatten britische Reporter, die sich als Firmen-Vertreter ausgaben, aufgedeckt, dass einzelne Abgeordnete bereit waren, gegen Bezahlung zu versuchen, die Gesetzgebung im Sinne des Auftraggebers zu manipulieren.