Karlsruhe. . Nach den Festnahmen im Zusammenhang mit der Zwickauer Zelle erwartet das BKA derzeit keine weiteren Nazi-Anschläge in Deutschland. Es lägen keine entsprechenden „Gefährdungshinweise“ vor, sagte BKA-Chef Ziercke.
Das Bundeskriminalamt hat derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass weitere rechtsextremistische Anschläge in Deutschland drohen. Es lägen keine entsprechenden „Gefährdungshinweise“ vor, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke am Donnerstag in Karlsruhe mit Blick auf die Ermittlungen zur Neonazi-Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Es gebe auch keine Hinweise dafür, dass eine weitere Gruppe dabei sei, Menschen fremder Herkunft anzugreifen.
Bei den Ermittlungen zu der Neonazi-Mordserie setzen die Behörden nun verstärkt auf Mithilfe aus der Bevölkerung. Generalbundesanwalt Harald Range und Ziercke stellten ein Fahndungsplakat vor. Mit Hilfe des Plakats hoffen die Ermittler, unter anderem Hinweise auf frühere Aufenthaltsorte der mutmaßlichen Zwickauer Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zu erhalten. Laut Ziercke gingen vor der Plakataktion bereits 240 bis 250 Hinweise zu dem mutmaßlichen Terror-Trio ein. Rund 420 Polizisten in Bund und Ländern seien derzeit mit den Ermittlungen befasst.
Weitere Beziehungen zur NPD erwartet
Böhnhardt und Mundlos waren am 4. November nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach tot aufgefunden worden. Im Zusammenhang mit der rechtsterroristischen Verbrechensserie sitzen derzeit vier Verdächtige in U-Haft.
Neben der 36-jährigen Zschäpe als mutmaßlicher Mitbegründerin der Terrorzelle sind zwei mutmaßliche Unterstützer der Gruppe inhaftiert, außerdem der frühere NPD-Funktionär Ralf W. wegen des Verdacht der Beihilfe zum Mord und zum Mordversuch. Ziercke zeigte sich überzeugt, dass bei den Ermittlungen künftig noch „weitere Beziehungen zur NPD“ entdeckt werden.
Auf das Konto der 1998 untergetauchten und zuletzt in Zwickau wohnenden Zellenmitglieder soll die bundesweite Mordserie an neun Migranten in den Jahren 2000 bis 2006 gehen. Außerdem steht die Terrorgruppe im Verdacht, 2007 in Heilbronn eine Polizistin erschossen und deren Kollegen schwer verletzt zu haben. Die Zelle soll zudem 2001 und 2004 zwei Sprengstoffanschläge mit insgesamt 23 Verletzten in Köln verübt haben. Außerdem soll die Gruppe Ziercke zufolge bundesweit mindestens 14 bewaffnete Banküberfälle begangen haben, bei denen sie insgesamt mehr als 600.000 Euro erbeutete.
„Handvoll weiterer Personen“ im Visier
Nach Angaben Zierckes werten die Ermittler im Zusammenhang mit der Verbrechensserie derzeit rund 2500 Beweisstücke aus. Die erste Sichtung dieser Asservate lasse auf „umfangreiche Tatvorbeitungshandlungen“ schließen, sagte der BKA-Präsident. Die Terrorgruppe habe offenbar „nichts dem Zufall überlassen“ wollen. Die Zelle habe sich offenbar nur im Untergrund halten können, weil sie „alles genau geplant“ habe.
Ziercke zufolge wird derzeit intensiv gegen einen möglichen weiteren Unterstützer der Zelle ermittelt. Noch nicht entschieden sei, ob gegen hin ein „Haftbefehl erreicht werden kann“. Range sprach von einer „guten Handvoll weiterer Personen“, welche die Ermittler im Zusammenhang mit der Terrorzelle im Visier hätten.
Ungeklärte Straftaten werden überprüft
Range zufolge hoffen die Ermittler bei der am Donnerstag gestarteten Öffentlichkeitsfahndung auch auf Spuren, „die uns ansonsten verborgen bleiben könnten“. Nach dem Auffliegen der Zwickauer Zelle werden derzeit eine Fülle ungeklärter Straftaten auf mögliche Zusammenhänge mit den Taten der Rechtsterroristen untersucht. Range appellierte ausdrücklich an womöglich ausstiegewillige Rechtsextreme, sich mit Hinweisen an die Behörden zu wenden.
In solchen Fällen gebe es „natürlich die Möglichkeit der Anonymität“. Ziercke unterstrich, von großer Bedeutung für die Ermittlungen seien weitere „Erkenntnisse über die räumliche Bewegung der Mörderbande“.(dapd/afp)