Berlin. . Die ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter hat das Zwickauer Neonazi-Trio womöglich gekannt. Das BKA geht davon aus, dass es eine Beziehung zwischen der Familie des Opfers und den Rechtsextremisten gab. Kiesewetter soll gegenüber eines wichtigen Treffpunkts der Rechten gewohnt haben.
Die Neonazi-Terrorzelle NSU hat nach neuesten Ermittlungen der Polizei den Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter 2007 in Heilbronn offenbar gezielt geplant. Es scheine eine Beziehung zwischen Kiesewetters Familie und der rechtsextremen Gruppe gegeben zu haben, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke am Montag in Berlin.
Nach seiner Darstellung wollte Kiesewetters Familie in Thüringen eine Gaststätte mieten, doch sei stattdessen ein Mann zum Zuge gekommen, gegen den nun als Beschuldigter in dem Ermittlungsverfahren wegen der Neonazi-Mordserie ermittelt werde.
Zwölf weitere Verdächtige
Das Lokal sei ein Treff für Rechtsextremisten gewesen. Kiesewetter selbst habe zwischen 2001 und 2003 gegenüber gewohnt, sagte Ziercke. Auch sei 2007 ein Koch eingestellt worden, der denselben Geburtsnamen wie Beate Zschäpe trägt. Die genauen Zusammenhänge seien noch unklar und müssten ermittelt werden.
Der Rechtsterrorist Uwe Mundlos hat nach Ermittlungen der Polizei seinen Neonazi-Kameraden Uwe Böhnhardt am 4. November in dem Wohnmobil im thüringischen Eisenach mit einem aufgesetzten Kopfschuss getötet. Dann legte Mundlos Feuer und erschoss sich mit der selben Waffe selbst. Dies belege die Tatsache, dass bei der Obduktion nur in der Lunge von Mundlos Rußpartikel des Feuers gefunden wurden, sagte BKA-Präsident Jög Ziercke am Montag in Berlin.
Die beiden Neonazis hatten sich nach einem Banküberfall in dem Wohnmobil versteckt, waren aber schon von der Polizei eingekreist. Nur Stunden später legte ihre Komplizin, Beate Zschäpe, einen Brand in der Zwickauer Wohnung des Trios.
Zudem wurde bekannt, dass die Behörden in dem Fall offenbar zwölf weitere Verdächtige ermittelt haben. Diese Zahl sei den Parlamentariern im Innenausschuss von den Ermittlern mitgeteilt worden, sagte Ausschussmitglied Petra Pau (Linke) der Nachrichtenagentur dapd.
Ein Dutzend Verdächtige bei Terrorgruppe
Im Fall der mutmaßlichen Zwickauer Terrorgruppe gibt es nach Angaben von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich "circa ein Dutzend Verdächtige und Beschuldigte". Es gebe "immer neue Hinweise und Erkenntnisse", sagte der CSU-Politiker am Montag in Berlin. Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeite mit 50, das Bundeskriminalamt mit mehr als 200 Mitarbeitern an der Aufklärung.
Friedrich bestätigte zudem, dass es Hinweise gebe, wonach die Polizistin Michele Kiesewetter im Jahr 2007 nicht zufällig von den Neonazis getötet wurde. Möglicherweise handele es sich um eine Beziehungstat. Das würde bedeuten, dass es schon vor der Tat eine Verbindung zwischen Mörder und Opfer gegeben hätte. Die Hinweise darauf ließen sich derzeit aber "noch nicht konkretisieren und bestätigen", sagte Friedrich.
Innenexperte Bosbach: Mordserie hätte verhindert werden können
Die Mordserie hätte nach Ansicht des Vorsitzenden des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, möglicherweise verhindert werden können. Bei einem "konsequentem Vorgehen" der Sicherheitsbehörden wäre es vielleicht nicht zu den Morden gekommen, sagte der CDU-Politiker am Montag in Berlin nach einer Sondersitzung des Ausschusses. Es habe eine "Fülle von Fehleinschätzungen" und ein Unterlassen von "unbedingt notwendigen Handlungen" gegeben.
Als Beispiel nannte Bosbach eine Durchsuchung einer Garage im Jahr 1998, bei der Waffen und Sprengstoff gefunden worden seien. Einer der Terrorverdächtigen sei dabei anwesend gewesen, habe aber einfach davonfahren können. Das sei "im wahrsten Sinne des Wortes unbegreiflich", kritisierte Bosbach.(dapd)