Wien. Wollen iranische Atomforscher ihre Spuren verwischen? Satellitenaufnahmen zeigen Gewährsmännern der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zufolge eine erhöhte Aktivität rund um eine verdächtige Anlage. Experten sehen das als deutlichen Hinweis für eine militärische Dimension des iranischen Atomprogrammes.
Die Hinweise auf eine militärische Dimension des iranischen Atomprogramms verdichten sich. Anfang des Monats hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Teheran in einem Bericht verdächtigt, geheime Experimente zum Bau von Nuklearwaffen durchzuführen. Jetzt haben die Geheimdienste mehrerer IAEA-Mitgliedstaaten nachgelegt.
Satellitenaufnahmen zeigten eine erhöhte Aktivität rund um eine Anlage, die Versuchen zum Bau von Atomwaffen dienen soll, sagten Gewährspersonen. Offenbar versuche Teheran, das Gelände zu räumen und die Spuren der mutmaßlichen Experimente zu verwischen.
"Ausrüstung und gefährliches Material wurden abtransportiert"
Die Bilder stammten vom 4. und 5. November und zeigten ein ungewöhnlich hohes Verkehrsaufkommen rund um die Anlage Parchin südwestlich der Hauptstadt Teheran, sagten Gewährsleute aus drei Mitgliedstaaten der IAEA unter Berufung auf die Geheimdienste ihrer Heimatländer. In dem Bericht vom 8. November hatte die IAEA nahe gelegt, dass iranische Wissenschaftler eine Metallkammer in Parchin für experimentelle Sprengungen im Zusammenhang mit einem militärischen Atomprogramm nutzten.
"Es wurden Lastwagen, Sattelschlepper und Kräne beobachtet", hieß es in dem Bericht über die Satellitenbilder, der der AP vorliegt. "Ausrüstung und gefährliches Material wurden abtransportiert." Während eine Gewährsperson die erhöhte Aktivität als deutlichen Hinweis wertete, dass Iran die Spuren eines militärischen Atomprogramms zu verwischen versuche, erklärten seine Kollegen aus anderen IAEA-Staaten, dieser Schluss könne nicht eindeutig gezogen werden.
Iran bezeichnet Vorwürfe als "kindische Gerüchte"
Die IAEA äußerte sich nicht zu den jüngsten Vorwürfen. Der iranische Vertreter bei der Organisation, Ali Asghar Soltanieh, bezeichnete den Bericht als "kindische Geschichte" und nannte die Anschuldigungen "lächerlich".
2005 hatten Inspektoren der IAEA die Anlage in Parchin zweimal besucht. Sie dient der Entwicklung und Herstellung von Munition, Raketen und Sprengstoff. Bei zufälligen Kontrollen einiger Gebäude hatten die Experten damals nichts Verdächtiges gefunden. Ein ehemaliger Inspektor sagte der AP jedoch, die Anlage sei so groß, dass aus den Stichproben nicht geschlussfolgert werden könne, dass in der Anlage wirklich nicht an Atomwaffen geforscht werde.
Besuch von stellvertretendem IAEA-Direktor vorerst abgesagt
Vor der Veröffentlichung des IAEA-Berichts hatte Iran am 30. Oktober den stellvertretenden IAEA-Direktor Herman Nackaerts zu Gesprächen in Teheran eingeladen. Am vergangenen Freitag sagte Soltanieh jedoch, der Besuch werde verschoben, wenn nicht sogar abgesagt. Er warf der IAEA vor, sie habe durch ihren Bericht den Besuch "vermasselt".
Der Gouverneursrat der IAEA erklärte daraufhin, er sei "besorgt über die unbeantworteten Fragen bezüglich des iranischen Atomprogramms, darunter jene, die geklärt werden müssen, um die Existenz eines militärisches Programm auszuschließen.
Aufräumarbeiten vor Inspektionen der IAEA hat es im Iran immer wieder gegeben. So wurde vor fünf Jahren die Anlage Lawisan Schian im Norden des Landes vor einem Besuch der internationalen Atomexperten abgerissen. Teheran gab an, es sei schon länger geplant gewesen, auf dem Gelände einen Park anzulegen. Bei ihrem Besuch entdeckten die Inspektoren jedoch Spuren angereicherten Urans, wie es in atomaren Sprengköpfen verwendet wird.