Brüssel. Der Italiener Mario Monti gilt an seiner alten Wirkungsstätte Brüssel als bestmöglicher Entrümpler der Hinterlassenschaft von Silvio Berlusconi. Dabei ist der ehemalige EU-Kommissar ein ausgeprägter Wirtschaftsexperte und bei den europäischen Partnern hoch angesehen. Ein wenig chaotisch ist er aber auch.
Mario Monti ist der Mann, dem Silvio Berlusconi niemals einen Bunga-Bunga-Witz erzählen würde. Dass es ein und dasselbe Land Italien sein soll, das der Welt den noch regierenden Hallodri Berlusconi und den vermutlich bald regierenden Professor Monti beschert, will einem schwer in den Kopf. Monti ist ein Ausbund an Seriosität und Sachverstand, stets untadelig gekleidet und von ausgesuchten Umgangsformen. In Brüssel bei den europäische Institutionen, haben sie seine Bestallung als neuer Lenker des trudelnden Schuldenstaates Italien geradezu herbeigebetet. Wenn man es in der Kommission, beim Parlament oder im Ministerrat noch jemandem zutraut, die verheerende Hinterlassenschaft der Berlusconi-Jahre zu entrümpeln, dann ist er es.
Bei den zentralen EU-Organen ist der silberhaarige Wirtschaftswissenschaftler mit der dünnen Brille bestens bekannt und beleumundet. Zwei Amtszeiten, von 1994 bis 2005, hat er in der Chef-Etage der EU-Kommission gearbeitet. Erst war er zuständig für den Binnenmarkt, dann für das Portfolio Wettbewerb. Letzteres haben ihm viele anfangs nicht zugetraut. Nicht wegen mangelnder ökonomisher Kompetenz. Die stand jederzeit außer Frage – Monti hat an der privaten Bocconi-Universität in Mailand (dort ist er heute Rektor) und am US-Eliteinstitut Yale studiert. Sondern weil er zu fein wirkte, um sich im Bedarfsfall schlagen zu können. Ein Missverständnis.
Monti - immer leicht konfus
Monti ist nämlich ein anderes Kaliber als sein damaliger Brüsseler Kommissionschef und Landsmann Romano Prodi. Der ist auch Professor, aber vom Typus Bienlein aus “Tim und Struppi” - immer leicht konfus und kaum in der Lage, die Fülle seines Gedankengutes in klare Sätze fließen zu lassen. Monti hingegen ist die Klarheit in Person. Nicht nur hat er zu den meisten Dingen eine fundierte und entschiedene Meinung. Er traut sich auch, sie in eindeutige Worte zu fassen. Schwer verständlich ist sein Wort allenfalls mangels Lautstärke.
Inhaltlich ist Monti ein Marktliberaler, und als solcher bringt er nicht nur gutes Benehmen mit, sondern auch Kampfgeist Das Amt des obersten EU-Wächters für die Einhaltung der EU-Vorschriften zu Beihilfen, Firmenfusionen und Kartellabsprachen, das stellte sich bald heraus, war ihm auf den Leib geschnitten. “Null-Toleranz für Staatsbeihilfen” sei seine Leitlinie, erklärte er zu Beginn seiner Zeit als Wettbewerbskommissar. Ganz so weit hat er es dann nicht getrieben. Wohl aber legte er sich – überwiegend erfolgreich - mit wirtschaftlichen XXL-Größen wie den US-Firmen Microsoft und General Electric, dem französischen Energieriesen EdF, VW oder der Deutschen Post an.
Auch der Bundeskanzler und Automann Gerhard Schröder musste sich bei Monti eine Lektion abholen: Doch - die Regeln des fairen Wettbewerbs im Binnenmarkt sehen keine Ausnahme für deutsche Kfz-Schmieden vor. Bei amerikanischen Managern, schrieb damals das britische Magazin Economist, gelte Monti als “Saddam Hussein der Geschäftswelt”. Auch nach seiner Zeit als Kommissar ist er der europäische Sache stets aktiv verbunden geblieben, als Gründungspräsident des renommierten Denkinstituts Bruegel oder als “weiser Mann” in verschiedenen Beratergruppen.