Brüssel. . Der umstrittene Ministerpräsident Berlusconi ist zurückgetreten. Doch die Sorgen an den Finanzmärkten um das hoch verschuldete Italien bergen weiterhin Sprengkraft für den gesamten Euro-Raum. Bald könnte es auf Notkredite angewiesen sein.
Berlusconi ist weg – die Ängste bleiben. Das verschuldete Italien wird auch nach dem Rücktritt des umstrittenen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi am Wochenende im Fokus der Finanzmärkte stehen. Das gefährdet den gesamten Euro-Währungsraum.
Wie sehr sich Finanzmarkt-Akteure wie Banken und Versicherer um die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums sorgen, hat die vorige Woche gezeigt. Italien musste zeitweise mehr als sieben Prozent Zinsen versprechen, damit verunsicherte Investoren noch bereit waren, dem Staat Geld zu leihen. Auf Dauer gelten derartig hohe Finanzierungskosten als untragbar.
Daher kursieren Befürchtungen, dass auch Italien Notkredite brauchen könnte, um Geld zu tragbaren Bedingungen zu erhalten und zahlungsfähig zu bleiben. Das würde den Euro-Rettungsfonds möglicherweise überfordern.
Italien muss sich allein bis Jahresende fast 40 Milliarden borgen
Aus ihm erhalten Portugal und Irland Notkredite. Zudem soll das geplante zweite Hilfspaket für Griechenland aus dem Notfonds finanziert werden. Für die drei Staaten sind 140 bis 190 Milliarden Euro reserviert. Insgesamt kann der Rettungsfonds 440 Milliarden Euro verleihen. Damit stünden noch 250 bis 300 Milliarden Euro für weitere Hilfsaktionen zur Verfügung.
Italien muss sich aber allein bis Jahresende wohl fast 40 Milliarden Euro borgen. Nächstes Jahr rechnet der Staat mit rund 300 Milliarden Euro neuen Schulden.
Italiens Hauptproblem ist die politische Glaubwürdigkeit, darin sind sich Experten einig. Wirtschaftlich habe sich in den vorigen Jahren wenig geändert. Daher müsse die neue Regierung die Finanzmärkte beruhigen. Verkrustete Wirtschaftsstrukturen müssen aufgebrochen und die Korruption bekämpft werden. Italiens Wirtschaft habe aber eine gute Basis – dank des Maschinenbaus, der Energie- oder der Modebranche.
In Europa hat nur Griechenland einen höheren Schuldenstand
Am Wochenende unternahm Italien einen weiteren Schritt, um die Lage zu verbessern – mit der Verabschiedung eines neuen Spar- und Reformpakets. Finanzmarkt-Akteure dürfte das freuen. Die geplanten Maßnahmen gelten als Bedingung dafür, dass Italien dem Schuldensumpf entrinnen kann.
Vor allem die hohen Schulden lasten auf Italien. Sie machen 120 Prozent der Jahres-Wirtschaftsleistung aus. In Europa hat nur Griechenland einen höheren Schuldenstand. Italiens Haushaltsloch dürfte nach der jüngsten Prognose der EU-Kommission dagegen schrumpfen – von 4,0 Prozent in diesem Jahr auf 1,2 Prozent 2013. EU-rechtlich erlaubt ist ein Defizit von höchstens drei Prozent.
In der Nach-Berlusconi-Ära gibt es damit trotz aller Ängste Grund zur Zuversicht. Italiens bekanntester Banker, Alessandro Profumo, ist überzeugt, dass Italien Vertrauen zurückgewinnt: „Die Menschen, die dieses Land ändern können, gibt es – angefangen bei unserem Präsidenten Giorgio Napolitano.“