Rom. . Die Nachricht vom Rücktritt Berlusconis hat in Italien Tausende Menschen auf die Straße getrieben. Sie zeigten unverhohlen ihre Freude über den Abgang und beschimpften den scheidenden Regierungschef als „Clown“.

Der Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hat in Rom Jubelfeiern auf den Straßen ausgelöst. Tausende von Menschen versammelten sich am Samstagabend, um ihre Freude und Erleichterung über das Ende der Ära Berlusconi auszudrücken. Zahlreiche Italiener kamen vor Berlusconis privater Residenz im Stadtzentrum sowie dem Präsidentenpalast zusammen. Dort fuhr der 75-jährige Medienmilliardär unter einem Pfeifkonzert vor, um seinen Rücktritt bei Präsident Giorgio Napolitano einzureichen. Eine kleine Schar von Anhängern Berlusconis wurde vor dessen Privatdomizil niedergeschrien von der weitaus größeren Masse der Gegner. Diese schwenkten Spruchbänder mit höhnischen Parolen wie „Bye bye Silvio, ciao, ciao“ und beschimpften den scheidenden Regierungschef als „Clown“.

Der in zahlreiche Sex- und Korruptionsskandale verwickelte Berlusconi dominierte die italienische Politik für rund 17 Jahre. Kein anderer Ministerpräsident war in Italien länger im Amt.

Gespräche über Berlusconi-Nachfolge eröffnet

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano hat am Sonntag Gespräche mit politischen Parteien und Parlamentsführern zur Bildung einer neuen Regierung nach dem Rücktritt Berlusconis aufgenommen. Napolitano will ausloten, ob der Wirtschaftswissenschaftler und frühere EU-Kommissar Mario Monti genug Unterstützung im Parlament hat, um als Ministerpräsident eine neue Regierung zu bilden.

Zunächst traf Napolitano mit Senatspräsident Renato Schifani zusammen. Es ist das erste einer Serie von Treffen im Laufe des Tages. Eine Entscheidung, ob es für Monti genügend politische Unterstützung gibt, um ihn mit der Regierungsbildung zu beauftragen, wird gegen Abend erwartet.

SPD-Chef Gabriel zeigt sich erleichtert

Auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel hat erleichtert auf den Rücktritt Berlusconis reagiert. Für Europa sei es ein wichtiges Signal, dass mit Mario Monti nun ein kluger, seriöser und kompetenter Wirtschaftsfachmann das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen soll, erklärte Gabriel am Samstagabend.

Die Erleichterung des italienischen Volkes über den Rücktritt Berlusconis sei sicherlich sehr groß. Viele Menschen in Italien hätten sich für Berlusconi geschämt, betonte Gabriel: „Für seine Politik des permanenten Rechtsbruchs und der andauernden Rechtsbeugung. Und vor allem für sein Staatsverständnis, das den eigenen wirtschaftlichen Vorteil über das Allgemeinwohl setzte.“

Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, kommentiert den Rücktritt Berlusconis im Kurznachrichtendienst Twitter: „Licht und Schatten in Rom. Berlusconis Rücktritt ist gut. Massenprivatisierungen, Lohnraub und Sozialabbau sind aber kein Grund zum Feiern.“ (rtr/dadp)