Rom. . Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat die wichtige Abstimmung über die Billigung des Rechenschaftsbericht 2010 im Parlament gewonnen. Die Abstimmung zeigte jedoch, dass Berlusconi über keine eigene Mehrheit mehr im Parlament verfügt. Ihm fehlten acht Stimmen.

Italiens wankender Regierungschef Silvio Berlusconi gerät weiter unter Druck: Zwar konnte er am Dienstag eine mit Spannung erwartete Abstimmung im Parlament gewinnen, verfehlte dabei aber die absolute Mehrheit. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2010 passierte nur dank eines Abstimmungsboykotts der Opposition das Abgeordnetenhaus. Oppositionsführer Pier Luigi Bersani forderte umgehend den Rücktritt Berlusconis.

Bei der Abstimmung gaben 308 Abgeordnete dem Rechenschaftsbericht ihre Zustimmung - acht weniger als für die absolute Mehrheit vom 316 Abgeordneten erforderlich. 321 anwesende Abgeordnete weigerten sich, an der Abstimmung teilzunehmen, einer enthielt sich. Der Verlust der absoluten Mehrheit lässt Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition in einer extrem geschwächten Position zurück.

"Die Regierung hat keine Mehrheit mehr im Abgeordnetenhaus" sagte Oppositionsführer Bersani von der Demokratischen Partei (PD). An Berlusconi gewandt fügte er hinzu: "So kann es nicht weitergehen. Sie müssen zurücktreten." Die Regierung habe ein Glaubwürdigkeitsproblem und sei nicht in der Lage, mit der derzeitigen Situation umzugehen.

Koalitionspartner wendet sich ab

Am Morgen hatte sich bereits Berlusconis Koalitionspartner Lega Nord offen vom Ministerpräsidenten abgewandt. "Wir haben ihn aufgefordert, abzutreten", sagte Lega-Nord-Chef Umberto Bossi Medienberichten zufolge mehreren Journalisten im Abgeordnetenhaus. Daraufhin traf sich Berlusconi mit Bossi, dem ebenfalls der Lega Nord angehörenden Innenminister Roberto Maroni und Finanzminister Giulio Tremonti, der der Lega Nord nahesteht.

Berlusconi selbst hatte am Montag kursierende Rücktrittsgerüchte noch zurückgewiesen und sich in Einträgen im Internetnetzwerk Facebook am Abend "überzeugt" gezeigt, am Dienstag eine "Mehrheit" hinter sich zu haben.

„Italien weiß selbst, dass man nicht auf Hilfe von außen hoffen kann“

Berlusconi steht wegen der horrenden Staatsschulden auch in der EU unter Druck. Bei einem EU-Finanzministertreffen warnte Österreich Italien davor, sich im Kampf gegen seine Schulden auf Hilfe der Euro-Partner zu verlassen. „Italien weiß selbst, dass im Hinblick auf die Größe des Landes, man nicht auf Hilfe von außen hoffen kann“, sagte Finanzministerin Maria Fekter in Brüssel.

Auch Finnlands Regierungschef Jyrki Katainen forderte Italien dazu auf, keine Hilfe von den Euro-Staaten zu erwarten. "Es ist schwer vorstellbar, dass Europa die Mittel hätte, die gesamten italienischen Schulden zu schultern", sagte er vor dem Parlament in Helsinki. Er warnte Italien vor "leeren Versprechungen" bei seinen Reformen.

Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land hat einen Schuldenberg von rund 1,9 Billionen Euro angehäuft. Ein Rettungseinsatz für Italien würde die anderen Euro-Länder möglicherweise überfordern. Fekter zeigte sich aber zuversichtlich, dass Italien seine Probleme selbst in den Griff bekommt. „Sie haben ja nicht ein wirtschaftliches Problem, sondern eher ein aktuelles Liquiditätsproblem, und das können sie, glaube ich, lösen.“

Auch an den Finanzmärkten stieg der Druck auf Berlusconi: Nach der Abstimmung stieg der Zins für italienische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren auf den Rekordwert von knapp 6,7 Prozent, was die Verunsicherung der Anleger widerspiegelt. (afp/rtr)