Berlin. . Betreuungsgeld, Steuersenkungen, Pflegereform – die Koalition hat sich auf wichtige Änderungen geeinigt, aber viele Beschlüsse sind noch offene Baustellen. Ein Überblick über die Entscheidungen.

Die meisten Beschlüsse der Koalition aus Union und FDP sind noch offene Baustellen. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) muss noch regeln, wie die Pflege für die Demenzkranken ausgebaut wird, wie groß die steuerlichen Anreize für eine Privatvorsorge ausfallen sollen. Auch andere Minister haben eine Bringschuld. Ein Check der Beschlüsse:

Der rote Faden

Wer alle Vorhaben addiert, kommt auf zehn Milliarden Euro. Mit dem Geld will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Wachstum fördern: Mit höheren Ausgaben (Straßenbau, Pflegeleistungen) und mehr Kaufkraft. Schließlich verzichtet der Staat auf sechs Milliarden an Steuereinnahmen und will weitere 1,5 Milliarden als „Betreuungsgeld“ verteilen.

Die größte Hürde

Im Bundesrat formiert sich Widerstand sowohl gegen das Betreuungsgeld als auch gegen Steuersenkungen. Ohne die Länder kann der Bund nicht den Grundfreibetrag erhöhen oder den Verlauf des Steuertarifs ändern. Die SPD verweist auf die Schuldenbremse, die das Grundgesetz vorschreibt.

Der Durchbruch

Ein Durchbruch gelang in der Zuwanderungspolitik. Experten aus dem Ausland sollen leichter angeworben werden. Wer sich in Deutschland niederlassen will, muss bisher 66.000 Euro oder mehr im Jahr verdienen. Künftig liegt diese Grenze bei 48.000. Die Erleichterung ist Teil einer EU-Strategie („Bluecard“), um Hoch qualifizierte anzulocken. Die CSU bestand aber darauf, dass die Genehmigung erlischt, sollte die Fachkraft in den ersten drei Jahren Sozialhilfe beziehen. Man will Experten anwerben - nicht neue Hartz-IV-Empfänger.

Ramsauers Bringschuld

Der Verkehrsetat wird 2012 um eine Milliarde Euro erhöht. Das Geld steht für die Infrastruktur zur Verfügung. Es ist auch ein Trostpflaster, weil die CSU die Pkw-Maut nicht durchsetzen konnte. Der größte Teil der Mittel soll in den Straßenbau investiert werden. Eine Liste der Projekte will Fachminister Peter Ramsauer „in Kürze“ vorlegen.

Schröders Auftrag

Wer das Betreuungsgeld erhält, ist unklar. Fest stehen Startzeit und Summe: Ab 2014 sollen Eltern monatlich 150 Euro bekommen – für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr. 2013 gibt es schon 100 Euro pro Monat für Eltern von Einjährigen.

Gedacht war es als Ausgleich für Mütter und Väter, die ihre Kinder nicht in die öffentlich geförderte Betreuung geben. Aber Familienministerin Kristina Schröder (CDU) will das Geld als „Anerkennungsleistung“ für Teilzeitbeschäftigte verstanden wissen. Geld soll bekommen, wer im zweiten und dritten Jahr seine Arbeitszeit reduziert, um sich um sein Kind zu kümmern. Kristina Schröders Sprecher machte deutlich: Vom Kita-Besuch als Verhinderungsgrund sei in der Vereinbarung keine Rede.

Fehlanreize

Das Betreuungsgeld könnte ab dem Jahr 2013 den befürchteten Ansturm auf die U-3-Plätze abfedern. Umgekehrt wächst die Sorge, dass Eltern von Kindern, die eine öffentliche Förderung nötig hätten, sich für das Geld statt für den Kitaplatz entscheiden. „Es gilt, Fehlanreize zu verhindern“, so Schröders Sprecher.

Die CSU kommt ihrem Ziel nahe: Aufwertung der Erziehung zu Hause. Familiäre Betreuung sei „mindestens gleichwertig“ mit öffentlicher. Nur: Eltern, die ihr Kind nicht in die Krippe geben, betreuen es nicht zwangsläufig selbst. Wer kann, greift oft auf Großeltern, Kinderfrauen zurück. Kritiker warnen: Mit der neuen Leistung würde belohnt, wer bei der Betreuungsfrage schon privilegiert sei.

Andersherum: Wer sein Kind notgedrungen in eine übervolle öffentliche U-3-Kita geben muss, geht leer aus.