Berlin. . Eine Woche nach der viel beachteten Empfehlung von Altkanzler Helmut Schmidt, Steinbrück sei der geeignete Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, fällt die Bilanz der bislang einmaligen Kampagne zwiespältig aus.

Peer Steinbrück ist nicht amüsiert. Ob es denn kein anderes Thema gebe als „ein bescheuertes Schachbrett“, ärgert sich der SPD-Mann im neuen „Spiegel“ über die Aufregung um das Cover zum neuen Schmidt/Steinbrück-Buch, das ein verdrehtes Schachbrett zeigt. „Ob da rechts ein weißes Feld war, war uns scheißegal“, berichtet Steinbrück schimpfend über die nachlässigen Fotoaufnahmen für das Cover.

Steinbrücks Ärger überrascht kaum, er gilt wohl nicht nur der Sache mit dem Foto. Der SPD-Politiker weiß: Die Aufregung um das verdrehte Schachbrett mag für sich nebensächlich sein, das falsche Foto-Arrangement wirkt aber inzwischen wie ein Symbol für eine ziemlich verdrehte, überinszenierte Kandidaten-Diskussion.

Bilanz der bislang einmaligen Kampagne zwiespältig aus

Eine Woche nach der viel beachteten Empfehlung von Altkanzler Helmut Schmidt, Steinbrück sei der geeignete Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, fällt die Bilanz der bislang einmaligen Kampagne zwiespältig aus.

Gewiss, kaum jemand in der SPD ist Steinbrück offen in die Arme gefallen. Aber dass Steinbrücks Bewerbung auf große Begeisterung getroffen wäre, ist andererseits auch nicht erkennbar. Denn vor allem die Art der Inszenierung trifft in vielen SPD-Landesverbänden auf Vorbehalte. Die Parteibasis schreckt nichts mehr als der Eindruck, die Sache werde schon jetzt im kleinsten Kreis beschlossen – oder solle gar durch einen 92-jährigen Altkanzler entschieden werden.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklärt etwa der Berliner SPD-Landeschef Michael Müller: „In den Parteigremien erlebe ich Skepsis gegenüber dem Vorgehen von Steinbrück. Natürlich zählt er zu den möglichen Kanzlerkandidaten, aber sein Agieren wird als überinszeniert empfunden.“ Der niedersächsische SPD-Vorsitzende Olaf Lies meint: „Der Kanzlerkandidat der SPD wird nicht in einer Talkshow bestimmt, sondern durch die Partei.“ Ähnlich äußern sich die Vorsitzenden in Sachsen-Anhalt und Thüringen, Katrin Budde und Christoph Matschie.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der ebenfalls Chancen und Ambitionen auf die Rolle des Merkel-Herausforderers hat, tat an diesem Wochenende gar, als hätte die große Peer-Steinbrück-Show gar nichts gegeben: Die SPD werde im Jahr 2012 entscheiden, Parteichef Sigmar Gabriel habe das Vorschlagsrecht, sagte er. Und bis zu einem endgültigen Vorschlag „haben wir über 500 000 Mitglieder und mögliche Kandidaten in der SPD“.

Da nützt es Peer Steinbrück nichts, dass er selbst in allen Stellungnahmen genau dies betont: Die SPD brauche keine vorzeitige Kandidatendiskussion, erklärt er im gemeinsamen Buch „Zug um Zug“, er werde sich zu einer Kandidatur erst äußern, falls ihm Sigmar Gabriel eine entsprechende Frage stellen sollte. Aber diese Zurückhaltung passt nicht zu den jüngsten Auftritten Steinbrücks -- mit denen er vorerst wenig gewonnen hat.

Der Vorsprung schmilzt

Dass der Ex-Finanzminister gegenwärtig Favorit für die Kandidatur ist, wenn die SPD wegen vorgezogener Neuwahlen kurzfristig einen Merkel-Herausforderer sucht, war schon vorher klar. Offenkundig ist jetzt, dass er Kanzler werden will – aber auch, dass er für die SPD nicht der einzig denkbare Bewerber ist, dass Steinmeier und Gabriel ebenfalls Chancen haben.

Nach einer neuen Umfrage würden sich 40 Prozent der Wähler bei einer Direktwahl des Kanzlers zwar für Steinbrück entscheiden, 38 Prozent für Merkel. Aber: Vor der Kampagne hätten 48 Prozent für Steinbrück gestimmt.

Viel wird davon abhängen, wie sich Steinbrück beim Bundesparteitag im Dezember präsentiert. Dann darf er – nachdem an den Vortagen Steinmeier und Gabriel die großen Rede-Auftritte haben – am letzten Tag die Abschluss-Rede halten. Der Auftritt sei geplant, um zu zeigen, dass Steinbrück sich auch in die Partei einordnen könne, heißt es in der SPD-Zentrale. Das wäre nach der Kampagne ein neuer Zug. Doch gibt es inzwischen Zweifel, dass sich Steinbrück an die Regieanweisung halten wird.