Kabul/Rom. Bei einem weiteren schweren Bombenanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Donnerstag sechs italienische Soldaten und mindestens zehn Zivilpersonen getötet worden. Ein Selbstmordattentäter zündete offenbar einen Sprengsatz.

Bei einem weiteren schweren Bombenanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Donnerstag sechs italienische Soldaten und mindestens zehn Zivilpersonen getötet worden. Nach Angaben des Verteidigungsministerium in Rom rammte ein Selbstmordattentäter einen italienischen Militärkonvoi und zündete den Sprengsatz. Die Taliban bezichtigten sich der Tat. Ziel seien die ausländischen Truppen in Afghanistan gewesen, sagte ein Sprecher der radikalen Islamisten.

Es war der vierte größere Anschlag in Kabul in fünf Wochen. Zahlreiche Menschen wurden verletzt, darunter vier italienische Soldaten. Die Wucht der Detonation war in weitem Umkreis zu spüren. Die Explosion ereignete sich in einem Gebiet, in dem die amerikanische und britische Botschaft sowie Militäreinrichtungen liegen. Auch zum dem vorherigen Anschlag, am 8. September in der Nähe des Eingangs zum Militärflughafen, bekannten sich die Taliban.

Rekonstruktion des Hergangs

Bei dem von der Bundeswehr befohlenen Luftangriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklastzüge sollen 100 Menschen ums Leben gekommen sein, 30 davon Zivilisten. Davon geht laut einem Bericht von bild.de vom Donnerstag die Kommission der NATO aus, die den Angriff untersucht. Die anderen 70 Toten ordnet die NATO der Meldung zufolge «feindlichen Kräften» zu.

Ein NATO-Offizier erklärte, nun werde man versuchen, den genauen Hergang des Bombenangriffs zu rekonstruieren. Der deutsche Oberst Georg Klein, der den Luftschlag befahl, soll laut dem Bericht in Afghanistan bleiben, bis die Untersuchung der NATO offiziell abgeschlossen ist. Auch sein direkter Vorgesetzter, Brigadegeneral Jörg Vollmer, bleibt entgegen der ursprünglichen Planung in Afghanistan, um die Untersuchung zu unterstützen. Die reguläre Dienstzeit beider Offiziere in Afghanistan ist abgelaufen.

Das Verteidigungsministerium wollte den Bericht nicht kommentieren. Die Bundeswehr hat eine endgültige Stellungnahme vor dem Abschluss der Untersuchungen bisher abgelehnt. Der Angriff in der Nacht zum 4. September galt zwei von den Taliban gekaperten Tanklastzügen.

Karsai räumt Unregelmäßigkeiten bei Wahl ein

Präsident Hamid Karsai räumte unterdessen erstmals Unregelmäßigkeiten bei der Wahl vom 20. August ein. Es habe sowohl in seinem Lager als auch in dem seines schärfsten Konkurrenten Abdullah Abdullah parteiische Regierungsbeamte gegeben, sagte er am Donnerstag. Zugleich erklärte er, er glaube an die «Integrität der Wahl». Nach Angaben der Wahlkomission vom Mittwoch erhielt Karsai 54,6 Prozent aller Stimmen. Das Ergebnis gilt aber noch nicht als bestätigt, da zunächst noch den zahlreichen Vorwürfen von Wahlbetrug nachgegangen werden soll.

US-Präsident Barack Obama wird vorerst keine zusätzlichen Truppen nach Afghanistan schicken. Trotz der Ungeduld des Kongresses werde er die Entscheidung über eine neue Strategie mit Bedacht entwickeln und dann erst präsentieren, sagte Obama am Mittwochabend.

Seit seinem Amtsantritt hat Obama die Zahl der US-Soldaten am Hindukusch schon um 21.000 auf 68.000 erhöht. Aber der eingeleitete Strategiewechsel von Luftangriffen zu Bodeneinsätzen gegen die Taliban hat die Zahl der US-Opfer nach oben schnellen lassen. Zugleich weiteten die Taliban ihren Einflussbereich weiter Richtung Norden aus. Die Unterstützung in Bevölkerung und unter den Abgeordneten für den Afghanistan-Einsatz ist deswegen massiv geschrumpft.

Der Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, gab im August in Washington eine düstere Einschätzung der Lage ab. Es wird erwartet, dass er in Kürze Tausende weitere Soldaten anfordern wird. (ap)