Brüssel. . Die EU drängt die Banken. Sie sollen dem gebeutelten Griechenland mehr Schulden erlassen als bislang geplant. Gleichzeitig wird auf dem EU-Krisen-Gipfel klar: Griechenland braucht noch mehr Geld. Und auch Italien gerät in die Schusslinie.
Europa dringt auf einen stärkeren Schuldenerlass für das pleitebedrohte Griechenland. Die europäische Bankenbranche, die dem Staat viel Geld geborgt hat, müsse sich ihrer Verantwortung stellen. Das forderten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bei einer gemeinsamen Pressekonferenz nach einem EU-Gipfeltreffen am Sonntag in Brüssel. Die Lage in Griechenland ist ernster als gedacht.
Die Politiker verstärkten zudem den Druck auf Italien. „Italien muss glaubwürdig Schulden in den nächsten Jahren abbauen“, sagte Merkel. Nur so könne das Land Vertrauen potenzieller Geldgeber zurückgewinnen. Seit einiger Zeit sorgen sich Finanzmarkt-Akteure wie Banken und Versicherer um die Zahlungsfähigkeit der drittgrößten Volkswirtschaft des Euro-Währungsraums.
Griechenland braucht wohl bis 2020 Notkredite
Griechenland geht es indes schlechter als gefürchtet. Das zeigt die aktuelle „Schuldentragfähigkeitsanalyse“ der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds. Der Staat dürfte statt bis 2014 wohl noch bis 2020 Notkredite brauchen. Das zweite Hilfspaket könnte daher größer ausfallen als im Juli gedacht. Damals veranschlagten die europäischen Politiker 109 Milliarden Euro bis 2014.
Falls die Banken Griechenland einen Schuldenerlass von etwa 60 statt den bisher angestrebten 21 Prozent gewähren, bräuchte Griechenland laut der Analyse 109 Milliarden Euro. Ziehen die Banken nicht mit, könnten je nach wirtschaftlicher Entwicklung bis zu 440 Milliarden Euro nötig sein.
Die europäischen Finanzminister sowie die Staats- und Regierungschefs arbeiteten bis Sonntagnacht an einer Gesamtlösung, um Europas Schuldenkrise einzudämmen. Dazu gehören ein zweites Hilfspaket für Griechenland, die Stärkung von Europas Bankenbranche und ein schlagkräftigerer Euro-Rettungsfonds. Die Details werden bis Mitte dieser Woche erarbeitet. Dann sollen bei einem weiteren Gipfeltreffen Entscheidungen fallen. Merkel forderte alle Staaten auf, ihren Haushalt in Ordnung zu bringen und ihrer Wirtschaft Schwung zu verleihen. Nur so könne Europa Vertrauen zurückgewinnen.
Deutschland drängt auf Änderung der EU-Verträge
Zudem will Deutschland eine Aufgabe auf der Tagesordnung verankern, die die Politiker bisher wegen der langwierigen Prozedur scheuten. Die EU-Verträge sollen geändert werden, damit die Staaten Wirtschafts- und Finanzfragen besser abstimmen und mehr Druck auf Haushaltssünder machen könnten, sagte Merkel. „Wir brauchen mehr Europa, stärkere Durchgriffsrechte – und Vertragsänderungen dürfen dafür kein Tabu sein.“
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) legte sich dafür auf einer Sitzung mit seinen EU-Kollegen ins Zeug. Es gehe unter anderem um eine Klagemöglichkeit gegen Haushaltssünder. Man könne „die neuen Probleme nicht nur mit alten Antworten lösen“. Laut Diplomaten äußerten sich lediglich die Niederlande eindeutig positiv.