Brüssel. . Deutschland und Frankreich sind die zentralen Akteure in der Euro-Krise. Vor dem entscheidenden Gipfel sind sich die beiden Partner allerdings so uneins wie selten. Das liegt daran, dass sie gänzlich unterschiedliche Probleme lösen müssen.
Der Streit zwischen Deutschland und Frankreich um den Euro-Rettungsfonds hemmt die Bekämpfung der europäischen Schuldenkrise. Daher muss der Befreiungsschlag bei dem EU-Gipfel am Sonntag ausbleiben. Die zwei größten EU-Staaten schafften es diesmal nicht, vor einem europäischen Spitzentreffen eine gemeinsame Marschroute festzulegen. Das offenbart ihre unterschiedliche Vorstellungen, wie Europa zusammenarbeiten soll. Frankreich hätte es gern europäischer. Deutschland hält die Entscheidungsgewalt der Staaten hoch.
Als die europäischen Staats- und Regierungschefs im Juli beschlossen, dass der Rettungsfonds mehr Spielraum und eine höhere Ausleih-Kapazität erhalten soll, sprach Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy überschwänglich von einem „Europäischen Währungsfonds“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mied diesen Ausdruck. Sarkozy spricht zudem gern von einer europäischen „Wirtschaftsregierung“, Merkel bevorzugt dagegen den unverbindlicheren Ausdruck „wirtschaftspolitische Zusammenarbeit“.
Der „Euro-Gipfel“ ist eine deutsch-französische Erfindung
Immerhin sind sich Merkel und Sarkozy seit diesem Sommer angesichts der Schuldenturbulenzen im Euro-Währungsraum einig, dass die 17 Euro-Staaten enger zusammenrücken müssen. Zwei Mal im Jahr sollen „Euro-Gipfel“ einberufen werden und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy eine Führungsrolle einnehmen. Auch das ist Thema an diesem Wochenende in Brüssel.
Eigentlich wollten die die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel am Sonntag die Grundzüge eines Lösungspakets beschließen – als Befreiungsschlag in der monatelangen europäischen Schuldenkrise. Jetzt bereiten sie diese Entscheidungen lediglich vor, Beschlüsse sollen erst am Mittwoch fallen.
Deutschland bemühte sich, die erneute Verzögerung schönzureden. Es sei eben „ein europäischer Gipfel anderer Art“, ein „zweistufiger Gipfel“, hieß es am Freitag aus dem Regierungsumfeld. Den Chef der Eurogruppe, die die 17 Euro-Staaten umfasst, erzürnt derweil der Streit zwischen Deutschland und Frankreich. „Die Außenwirkung ist verheerend“, sagte Jean-Claude Juncker. Das sei kein gutes Beispiel für eine „gehobene Staatsführung“.
Bundesregierung spielt den Streit herunter
Die Bundesregierung versuchte, den Streit mit Frankreich um den Rettungsfonds für klamme Euro-Länder herunterzuspielen. „Frankreich und Deutschland sind überhaupt nicht in den Positionen verhakt“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor Beginn der dreitägigen Marathon-Gespräche.
Zugleich bekräftigte er aber, dass die Europäische Zentralbank (EZB) allein schon aus EU-rechtlichen Gründen außen vor bleiben muss, wenn die „Feuerkraft“ des Euro-Rettungsfonds erhöht wird. Deutschland schließt damit aus, dass der Fonds eine Art Banklizenz erhalten und somit Geld bei der EZB borgen könnte. Schäuble weiß ganz genau, dass Frankreichs Präsident Sarkozy mit einer Banklizenz liebäugelt.
EZB wehrt sich gegen eine „politische Rolle“
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB und diverse Ökonomen in Europa befürworten diese Möglichkeit. Die EZB als oberste Währungshüterin wehrt sich allerdings bisher vehement gegen diese Rolle. Sie möchte nicht indirekt an Rettungsaktionen für klamme Euro-Staaten beteiligt werden. Die Risiken trügen dann die Steuerzahler, kritisieren die Zentralbanker.
Schützenhilfe erhält Deutschland von EU-Währungskommissar Olli Rehn. „Die EZB hat als Feuerwehr an den Finanzmärkten eine zentrale Rolle gespielt“, sagt der Finne. „Doch wir müssen aufpassen, was der EU-Vertrag erlaubt und was nicht.“ Eine direkte Verbindung zwischen der obersten Währungshüterin und dem Euro-Rettungsfonds „könnte schwierig werden“.