Schwerte. Städte, die klamm sind, haben bei Banken und Sparkassen mittlerweile schlechte Karten. Früher wurden die Kommunen von den Bankern geradezu hofiert. Heute müssen die Kämmerer betteln, um überhaupt etwas Geld zu bekommen.
Die Stadtverwaltung von Schwerte im Ruhrtal hat kürzlich Besuch bekommen. Vertreter der WL Bank aus Münster waren da. Sie machten den Stadtoberen klar, eine Verlängerung der laufenden Kredite oder etwa eine neue Schuldenaufnahme werde schwierig sein. Schwerte, das 40 Prozent der 73 Millionen Euro Schulden in Münster gepumpt hat, wird sich jetzt nach neuen Kreditgebern umsehen. Man ist zuversichtlich.
Die WL Bank hatte schon einer ostwestfälischen Stadt einen Korb gegeben und damit NRW-weit Ängste geschürt, Städten und Gemeinden könnten die Kredite knapp werden. Tatsächlich steht sie mit ihrer Zurückhaltung gegenüber Kommunen nicht alleine da. Die weltweite Bankenkrise und die Turbulenzen des Euro erreichen die Niederungen.
Dabei hatten Stadtkämmerer mal einen schönen Job. Wenn Sie Kredite für ihre Kommune brauchten, wurden sie mit Angeboten überschüttet. Stadtkassen als Schuldner? Das war für die Banken eine „sichere Bank“.
Wie die Lage heute ist, erzählt ein Insider: „Wenn Sie zehn Institute anschreiben, antworten Ihnen gerade noch sieben. Und von den sieben sagen 40 Prozent, dass sie nicht die volle Kreditsumme gewähren könnten. Vielleicht noch fünf von zehn Millionen Euro“. Auch Sparkassen hätten zunehmend eine klare Rangfolge: Erst die lokale private Wirtschaft bedienen, dann die Kommune.
Wenn heute in Leverkusen die 25 Kämmerer des Aktionsbündnisses „Raus aus den Schulden“ über die neue Lage diskutieren, ist das an sich schon ungewöhnlich. Denn über Geld, auch wenn es öffentliches ist, wird ungern öffentlich geredet. So sieht Klaus Bielstein von der staatlichen NRW-Bank „keine Anzeichen, dass die Kreditversorgung der Kommunen aus Nordrhein-Westfalen gefährdet ist“. Der Markt funktioniere selbst für Kredite, die der Aufrechterhaltung von Liquidität dienten. Auch Lars Martin Klieve, Essens Kämmerer, denkt so: In letzter Konsequenz würde „die Gesamtheit der Steuerzahler einstehen“.
Das Leben auf Pump hat Notausgänge
Klieve spricht darauf an, dass das Leben auf Pump Notausgänge hat: Patzt eine Gemeinde und kann nicht mehr zahlen, ist das Land zur Zahlung verpflichtet. Wird ein Land zahlungsunfähig, muss der Bund die Verpflichtungen übernehmen. „Haftungsgemeinschaft“ nennt man das.
Aber es wächst die Gefahr, dass diese Haftung irgendwann fällig sein könnte. Denn Zug um Zug ändern sich die Bestimmungen, nach denen Geld verteilt wird. Nach der großen Bankenkrise müssen die Kreditinstitute mehr als bisher darauf achten, wie viel Kredite sie noch verleihen und wie sie ihre Leihgaben absichern. Rating-Agenturen machen entsprechenden Druck auf die Geldhäuser, damit diese ausreichend Eigenkapital behalten. Sie haben in Sachen Kommunalkredite Bankvorstände besucht. Die neuen Regeln werden Banken überdies auch dann zu Risiko-Kapitalrücklagen verpflichten, wenn sie ihre Geschäfte mit Städten und Gemeinden machen – was bisher nicht so war.
Die schlechten Nachrichten für die Kassenchefs der NRW-Städte reißen also nicht ab, wenn sie heute zusammenkommen. Nicht nur das Geld, das sie pumpen können, wird weniger oder, zumindest, teurer. Auch die Zahl der Anbieter könnte zurückgehen.
Die Frage nach Dexia
Viele Banken tummeln sich im Geschäft mit den öffentlichen Krediten. Das hat den Wettbewerb ausgemacht. Aber der Zwangsaufkauf der belgischen Dexia-Gruppe durch den Staat wirft Fragen auf. Dexia hat eine deutsche Tochter, die Kommunalkredite verleiht und die 1000 deutsche Kommunen als Kunden hat. Sie habe ihnen knapp zehn Milliarden Euro geliehen. Bleibt Dexia im Spiel?
Die Zeiten werden unsicher.