Washington. . Nach dem vereitelten Attentatsplan auf den saudischen Botschafter in Washington ist das Verhältnis zwischen Amerika und dem Iran am Nullpunkt angekommen. Die US-Version der iranischen Terrorpläne liest sich wie eine Drehbuchskizze für einen Hollywood-Film.
Adel Al-Jubeir gehört zu den festen Größen auf dem diplomatischen Parkett Washingtons. Der saudi-arabische Botschafter, der fließend Deutsch spricht, in Amerika studiert hat und enge Kontakte zum saudischen Königshaus pflegt, mag vor allem die Gastronomie in der Hauptstadt.
Glaubt man der US-Regierung, sollte der 49-Jährige in einem der Gourmet-Tempel am Potomac-Fluss bald sterben, zerfetzt zusammen mit möglicherweise vielen unbeteiligten Gästen von einer von mexikanischen Drogen-Kartell-Killern gezündeten Bombe, die niemand anders als die Regierung des Iran befehligt haben soll. Dass und warum es nicht so weit kam, erläuterten Justizminister Eric Holder und Robert Mueller, Chef der Bundespolizei FBI, am Dienstag einer erstaunten Öffentlichkeit. Seither stehen die Beziehungen zwischen Washington und Teheran auf Messers Schneide.
Drehbuchskizze für einen Hollywood-Film
Die Story, die sich wie eine Drehbuchskizze für einen Hollywood-Film liest und von offizieller Seite Teherans auch inklusive eines wütenden Dementis prompt so qualifiziert wurde, geht so: Manssor Arbabsiar, 56 Jahre alt, amerikanischer Staatsbürger mit iranischem Pass, seit Monaten unter FBI-Beobachtung, trifft sich mit zwei Männern, die er für Emissäre eines mexikanischen Drogenkartells hält. Er bietet ihnen 1,5 Millionen Dollar an, wenn sie den saudischen Botschafter töten.
100 000 Dollar Anzahlung, die aus dem Iran per Transfer schnell angewiesen werden, sollen das Geschäft erleichtern. Arbabsiar lässt seine Partner nicht im Unklaren, wer dahinter steckt. “Es ist nichts persönliches, es geht um Politik, die wollen den Typen tot sehen, und wenn 100 andere dabei mit draufgehen”, zitieren US-Medien aus der Anklageschrift. Mit “die”, daran ließ Justizminister Holder keinen Zweifel, ist das Mullah-Regime von Mahmud Ahmadinedschad gemeint. Was Arbabsiar nicht wusste: die scheinbaren Killer waren Informanten der amerikanischen Drogenfahndung DEA. Die alarmierte das FBI.
Festnahme auf dem Kennedy-Flughafen in New York
Die Dinge nahmen ihren Lauf. Arabsiar wollte Ende September erneut nach Mexiko fliegen, um letzte Details zu klären. Die Behörden dort verweigerten ihm die Einreise und schickten ihn zurück. Er wurde am 29. September auf dem Kennedy-Flughafen in New York festgenommen. Laut Bezirksstaatsanwalt Preet Bharara hat Arabsiar den Komplott gestanden und erklärt, er sei von hochrangigen Vertretern der Al-Kuds-Brigaden, einer Spezialeinheit der Revolutionären Garden in Teheran angeworben, finanziert und instruiert worden. In der Untersuchungshaft brachte man Arabsiar dazu, mit seinem Gewährsmann in Teheran Kontakt aufzunehmen.
Gholam Shakur, Mitglied der seit langem unter Terrorverdacht stehenden Al-Kuds-Einheit, soll darauf gedrängt haben, den Plan so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen. Die US-Regierung, Präsident Obama war sein Juni über die Ermittlungen informiert, wartete mit dem Zugriff bis nach der Freilassung der beiden amerikanischen Studenten, die über zwei Jahre im Iran inhaftiert waren.
Sollte sich der Fall in seiner ganzen Breite bewahrheiten, Experten können bisher nicht den Hauch eines strategischen Gewinns für Teheran erkennen – im Gegenteil, wäre es eine Premiere. Zwar halten die USA den Iran seit Jahren für einen der wichtigsten Drahtzieher des internationalen Terrorismus; zu einem Anschlag oder Anschlagsversuch auf amerikanischem Boden kam es aber nie. Entsprechend harsch fielen die Reaktionen aus.
Clinton fordert weitere Isolation des Irans
Außenministerin Hillary Clinton forderte eine konzertierte Aktion der internationalen Staatengemeinschaft. Teheran, ohnehin schon mit vielerlei Sanktionen belegt, müsse “weiter isoliert werden”, sagte sie. Dort wies man die Anschuldigen entschieden zurück. Amerika wollen nur von seinen innenpolitischen Problemen ablenken und erfinde darum Räuberpistolen, erklärte ein Sprecher von Ahmadinedschad.
Der Iran und Saudi-Arabien gelten als Erzfeinde. Riad mit seiner mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung sieht in dem von Schiiten dominierten Mullah-Regime in Teheran seit dem Sturz von Schah Reza Pahlevi 1979 eine latent Bedrohung.
Weltweite Terrorwarnung der USA
Die USA haben zudem eine weltweite Terrorwarnung herausgegeben. Der mutmaßliche Anschlagsplan deute auf eine "aggressive Hinwendung der iranischen Regierung auf Terroraktivitäten gegen Diplomaten" hin, darunter auch Angriffe in den USA, erklärte das US-Außenministerium am späten Dienstagabend (Ortszeit). Reisende US-Bürger und im Ausland lebende Diplomaten seien daher aufgerufen, die Hinweise des Außenamts sowie andere Reisehinweise genau zu verfolgen. (mit afp)