Brüssel. Zwei Tage lang trotzte der FDP-Chef Vorurteilen über seine angeblich schwachen Englischkenntnisse oder ein mangelndes außenpolitisches Profil. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte am Freitag den neuen Außenminister: "Deutschland hat einen ordentlichen Eindruck hinterlassen".

«Have a nice day!» Der letzte Gruß Guido Westerwelles an die Journalisten beim EU-Gipfel in Brüssel brachte ihm einen Lacher ein. Zwei Tage lang trotzte der FDP-Chef Vorurteilen über seine angeblich schwachen Englischkenntnisse oder ein mangelndes außenpolitisches Profil. Ausrutscher leistete sich der neue deutsche Außenminister bei seinem ersten Auftritt auf internationalem Parkett nicht. Dafür bewegte er sich viel zu vorsichtig.

Reise hat "Spaß gemacht"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte ihrem Vize zum Abschluss der Beratungen gute Noten. «Deutschland hat einen ordentlichen Eindruck hinterlassen», sagte die gewiefte Gipfelteilnehmerin Merkel über Westerwelle, der sich bei den ersten Auftritten vor Kameras stets zwei Schritte hinter ihr hielt. Die gemeinsame Reise mit Westerwelle habe ihr sogar «Spaß gemacht». Der FDP-Frontmann zeigte sich nach seinem zweiten Arbeitstag im Amt «erschöpft, aber zufrieden mit den Ergebnissen».

Schon zum Auftakt des Gipfels am Donnerstag hatte Merkel ihrem neuen Koalitionspartner eine besondere Ehre zuteil werden lassen. Demonstrativ fuhren beide gemeinsam in einer schwarzen Mercedes-Limousine vor dem Brüsseler Ratsgebäude vor. Auch farblich präsentierten sich Merkel und Westerwelle in Brüssel zeitweise als perfektes Team - sie in graublauem Blazer, er mit passender blauer Krawatte zum schwarzen Anzug. Der früher oft als Spaßpolitiker gescholtene Westerwelle war sichtlich um staatsmännisches Auftreten bemüht. Einen Hauch von Pathos ließ er dabei durchblicken: Er nannte es eine «glückliche Fügung, dass gleich am ersten Tag meiner Amtszeit die Möglichkeit besteht, gleich mit so vielen neuen Kollegen zusammenzutreffen».

Westerwelle übt sich in Zurückhaltung

Zu den großen außenpolitischen Themen wie Afghanistan äußerte sich Westerwelle nur kurz in der Abschluss-Pressekonferenz mit Merkel. Selbst bei den Beratungen mit seinen 26 EU-Kollegen hinter verschlossenen Türen erlegte sich der 47-Jährige Zurückhaltung auf - kein längeres Statement und auch keine Kommentare etwa zum Atomstreit mit dem Iran.

Da war bei dem sonst forsch auftretenden Juristen plötzlich ein Stück Ehrfurcht vor dem großen Amt zu spüren, auf das er jahrelang hingearbeitet hatte. Womöglich hatte Westerwelle die leise Art seines großen Vorbilds Hans-Dietrich Genscher (FDP) im Blick. Vielleicht war er aber auch viel zu beschäftigt damit, die vielen Unterlagen zu lesen, die ihm sein Stab für den EU-Gipfel vorgelegt hatte.

Sprachbarrieren gab es anders als von manchen erwartet nicht. «Westerwelle spricht fließendes Englisch», sagte der italienische Außenminister Franco Frattini. Und der Außenminister selbst betonte, wenn er auf einer Pressekonferenz in Berlin darum bitte, dass Deutsch gesprochen werde, solle daraus nicht geschlossen werden, «dass ich des Englischen nicht mächtig bin». (afp)