Washington. .

Im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf schaltet der angeschlagene Amtsinhaber Barack Obama auf Angriff, während die Republikaner mit ihren Kandidaten hadern. Rick Perry, Gouverneur von Texas, hat seine Sympathien gerade verspielt.

Manchmal reicht im amerikanischen Wahlkampf ein einziges Wort. Und ein komfortabler Vorsprung schmilzt dahin wie Schnee auf Hawaii. Passiert ist das gerade Rick Perry. Bis vor einer Woche war der knorrige Gouverneur von Texas, der sich rühmt, angelegentlich eigenhändig Kojoten zu erschießen, so sie seinen Hund bedrohen, in den Reihen der Republikaner noch der aussichtsreichste Herausforderer von Barack Obama bei den Präsidentschaftswahlen im November 2012. Dann kam Florida. Und für Perry ging die Sonne unter.

Beim unverbindlichen Schaulaufen der von ihrem anarchisch-zerstörerischen Rechtsausleger „Tea-Party” dominierten „Grand Old Party” (GOP) machte der 61-Jährige vor landesweitem TV-Publikum eine jammervolle Figur. Mal verhaspelte er sich erratisch wie Edmund Stoiber dabei, seinen Haupt-Konkurrenten Mitt Romney als falschen Fuffziger zu stilisieren. Mal leistete er sich echte Blackouts.

Auf die Frage, was er – als Präsident -- denn täte, wenn er nachts mit der alarmierenden Botschaft geweckt würde, Pakistan habe die Kontrolle über seine Atomwaffen an die Taliban verloren, fiel dem Bauern-Sohn aus Paint Creek nur dies ein: Hätte Obama rechtzeitig ordentliche F-16-Kampfjets (made in USA) an Indien (Pakistans großen Nachbarn) geliefert, wär’ das mit den Taliban nicht passiert. Aua.

Den Blattschuss setzte sich Perry nach Ansichten etlicher einflussreicher Kommentatoren, als er die Kritik daran, dass er in dem von ihm seit vielen Jahren geführten Grenzstaat zu Mexiko den Kindern illegaler Einwanderer Schulgebühren aus Steuermitteln bezahlt, als „herzlos” abkanzelte. Buh-Rufe aus dem aufgebrachten Publikum waren Perrys Lohn. Beim Thema Einwanderung verstehen die Tee-Parteigänger null Spaß.

Bei den Republikaner wächst die Sehnsucht nach einem Überraschungskandidaten

Perry liegt zwar in den letzten Umfragen weiter vor Romney, dem millionenschweren Ex-Gouverneur von Massachusetts, der bereits 2008 vergebens angetreten war. Aber die Groß-Spendensammler, ohne die kein Bewerber in Amerika die absurde Materialschlacht bis zum Wahltag überlebt, haben dem Cowboy bereits ihre Gunst entzogen.

Weil aber Romney gerade im Süden, im Mittleren Westen wie auch in entscheidenden Bundesstaaten wie Florida keine Begeisterungsstürme entfacht und die irrlichternden Vorzeige-Frauen der GOP, Sarah Palin und Michele Bachmann, nur noch Stoff fürs Kabarett liefern, wächst die Sehnsucht nach einem „dark horse”. Nach einem Kandidaten, der scheinbar aus dem politischen Nirgendwo kommt, dem das konservative Amerika trotzdem zutrauen könnte, Obama aus dem Weißen Haus zu vertreiben.

Dieses „Pferd” heißt Christie. Chris Christie. Der ebenso wort- wie körpergewichtige Gouverneur von New Jersey hat zwar schon mehrfach erklärt, Präsident sei (noch) eine Nummer zu groß für ihn. Finanzstarke Kreise in New York, aber nicht nur dort, drängen den 49-Jährigen, der bodenständige Schlitzohrigkeit mit intellektueller Schlagfertigkeit verbindet, mit Macht zum Sprung. Sein Prädikat: Er setzt in seinem hoch verschuldeten Bundesstaat empfindlichste Sparmaßnahmen durch – trotzdem lieben ihn die Leute.

Obama feuert seit ein paar Tagen massiv zurück

Ein Gefühl, dass Barack Obama derzeit nur in kleinen Dosen verspürt. Seine Zustimmungsraten sind im Keller. Wechselwähler, Schwarze, Liberale, Umwelt-Aktivisten, George W. Bush-Versehrte und solche, die 2008 einfach nur dem Charisma des „Yes, we can”-Mannes erlegen waren, wenden sich in Scharen ab. Dazu kommt die Wirtschaftskrise. Und eine Arbeitslosigkeit, die mit neun Prozent so hoch ist, dass eine zweite Amtszeit fraglich wird.

Zumal Obama das eigene demokratische Lager monatelang vor den Kopf stieß, als er den Republikanern allzu bereitwillig Kompromisse anbot. Und die ihn nur getreten haben. Perdu.

Die Blockade-Haltung der von Tea-Party-Aktivisten im Schwitzkasten gehaltenen GOP, die beinahe im Wochentakt Repräsentantenaus wie Senat lähmt, hat einen radikalen Kursschwenk ausgelöst. Obama feuert seit ein paar Tagen massiv zurück, wenn die Konservativen sein Job- und Haushaltsprogramm als „Klassenkampf” brandmarken, weil Millionäre und Wohlhabende künftig mehr Steuern zahlen sollen. Seine Gegner, so ließ der Präsident diese Woche in Kalifornien verlauten, zerrütteten mit ihr Ideologie des Immer-weniger-Staat das Land. Ihre ideologischen Grabenkämpfe - zuletzt verlangten die Republikaner im Gegenzug für mehr Hilfe für Naturkatastrophen Einschnitte in der Unterstützung für die Autoindustrie – behinderten das, was Amerika am allernötigsten habe: „Jobs, Jobs, Jobs”.

Am eindrucksvollsten war der „neue” Obama unter seinesgleichen. Bei einer Wahlveranstaltung mit wichtigen afro-amerikanischen Meinungsbildnern forderte der Präsident, endlich mit „Selbstmitleid” und “Jammern” aufzuhören. „Zieht die Badeschlappen aus und die Kampfstiefel an”, rief er, „wir haben zu tun!”