Berlin. .
In einer Woche soll der Bundestag über ein neues Wahlrecht abstimmen. Die derzeitige Regelung ist verfassungswidrig. Die Opposition ist verärgert über den neuen Vorschlag der Union und der FDP und droht mit einer Verfassungsklage.
Mitten in der Debatte um mögliche Neuwahlen geht im Bundestag der Streit um ein neues Wahlrecht in die entscheidende Runde: Union und FDP haben sich im Alleingang auf eine Neuregelung geeinigt und wollen sie nächste Woche im Bundestag beschließen - SPD und Grüne kündigten sofort Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.
Die Wahlrechtsreform ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts überfällig: Die Richter hatten eine Frist bis zum 30. Juni 2011 gesetzt. Die Koalition konnte sich aber nicht rechtzeitig einigen - gäbe es jetzt Neuwahlen, würde eine verfassungsfeste Gesetzesgrundlage fehlen.
Opposition droht mit Verfassungsklage
Am Mittwoch beschlossen Union und FDP im Innenausschuss einen Reformvorschlag, der die Änderungen so gering wie möglich halten soll. Weitgehend ausgeschlossen werden soll der paradoxe Effekt, dass eine Partei in bestimmten Fällen bei einem Zuwachs an Zweitstimmen weniger Mandate bekommt. Dieses „negative Stimmengewicht“ hatte das Gericht für verfassungswidrig erklärt. Die Lösung der Koalition: Die Verbindung von Landeslisten einer Partei wird abgeschafft - Zweitstimmen können nicht mehr mit denen in einem anderen Land verrechnet werden.
Die Opposition reagiert verärgert und bezweifelt, dass das Gerichtsurteil damit umgesetzt wird. Weil der paradoxe Stimmeffekt im Zusammenhang mit Überhangmandaten entsteht, wollten SPD und Grüne radikaler an dieser Stelle ansetzen und Überhangmandate abschaffen - eine Partei würde nicht mehr Direktmandate bekommen können als sie Zweitstimmen hat. Die SPD beklagt, die Koalition erhalte sich aus machtpolitischem Kalkül den Sondervorteil der Überhangmandate. Es sei auch das erste Mal, dass Änderungen des Wahlrechts nicht im Konsens beschlossen würden.
Eine Verfassungsklage sei unumgänglich, erklärten SPD und Grüne.