Berlin. . FDP-Chef Philipp Rösler hatte in der zweiten Sendung von ARD-Neu-Talker Günther Jauch einen schweren Stand. Die drastische Schlappe bei der Berlin-Wahl setzte Rösler in der Sendung sichtlich zu. Eine selbstzerstörerische Szenerie.
Drei Meinungen, sagt Klaus Wowereit, gebe es in der schwarz-gelben Koalition. „Die von Frau Merkel, die von Herrn Seehofer und Ihre.“ Dabei schaut der Wahlgewinner des Abends, der amtierende und künftige Regierende Bürgermeister von Berlin, auf den Wirtschaftsminister und FDP-Chef und lächelt breit. Philipp Rösler muss schlucken. Derweil gibt sich SPD-Mann Wowi ganz staatsmännisch. Man habe der Union ja Unterstützung zugesagt – nicht nur in der Euro-Frage. Auch für den Fall, dass die schwarz-gelbe Koalition nicht bis 2013 halte. Und Rösler? Schaut jetzt noch betretener drein.
Nein, mit diesem Auftritt kann der Liberale wirklich nicht punkten. Der Mann, der die Schlagzeilen der vergangenen Woche beherrschte, weil er der Kanzlerin Paroli bot und eine Griechenland-Rettung um jeden Preis in Frage stellte. Die Quittung bekam er bei der Berlin-Wahl. Die FDP bei unter zwei Prozent und damit raus aus dem Abgeordnetenhaus. „Die Liberalen lösen sich langsam in Luft auf“, darf dann auch noch Tagesthemen-Queen Caren Miosga sagen, während sie zu „Günther Jauch“ reingeschaltet wird. „Kann diese Regierung noch den Euro retten?“, lautet das Thema der zweiten Talkrunde des Mannes, den die ARD für sehr viel Geld ins Sonntagabend-Programm gehievt hat. Und die Antwort auf die Frage der Sendung, die gibt Rösler selber. Durch sein Schweigen, sein betretenes Dreinschauen, durch die wenigen Wortbeiträge in der Jauch-Show.
Norbert Röttgen fügt sich der Koalitionsdisziplin
Da hilft es auch nichts, dass Umweltminister Norbert Röttgen beteuert, man dürfe in einer Regierungskoalition unterschiedlicher Meinung sein. Und nein, entgegnet er auf Jauchs Frage, er habe noch keine Sehnsucht nach der Großen Koalition. Doch man kann zwischen den Zeilen heraushören, was der Vize-CDU-Chef von Röslers Abkehr vom Weg der Kanzlerin hält: nichts. Doch Röttgen fügt sich in die Koalitionsdisziplin: Gemeinsam versuchen sich Vizekanzler und Umweltminister aus ihrem Erklärungsnotstand herauszuwurschteln.
Aber so schnell lässt Jauch die beiden nicht raus aus dem Schwitzkasten. Im Einspieler der Tagesthemen flimmert FDP-General Christian Lindner ins Studio herein. Faselt etwas von Demut, in der sich seine Partei jetzt üben solle. Genscher, Graf Lambsdorff, die Europa-Getreuen, sie müssten wieder zu Vorbildern für die Partei werden. Und Rösler? Der plappert es nach, kaum dass der Lindner wieder vom Bildschirm verschwunden ist.
Ob dieser selbstzerstörerischen Szenerie gerät leicht in Vergessenheit, dass da noch wer anders auf der Bühne sitzt. Beatrice Weder di Mauro, Professorin und Wirtschaftsweise der Bundesregierung, und ein Börsenexperte. Denn die beiden sollen eigentlich mal etwas zu Griechenland sagen. Wie es denn nun weitergehen könne mit dem völlig überschuldeten Land und mit dem Euro – und überhaupt.
FDP-Chef Rösler zerknirscht und leise
Dirk Müller, Händler an der Frankfurter Börse, vielen bekannt als Mister Dax, weiß nur zwei Wege, die am Krisen-Sumpf vorbeiführen. Die „Raus-aus-dem-Euro-Methode“ oder ein vereinigtes Europa. Und gibt den anwesenden Politikern gleich noch einen mit: Im deutschen Recht habe man für das, was gerade mit Griechenland passiere, einen eigenen Straftatbestand, sagt Müller. Insolvenzverschleppung. Und Rösler weiß nichts besseres, als darauf hinzuweisen, dass schwierige Entscheidungen nunmal gut überlegt seien müssen und deshalb Zeit bräuchten.
War sonst noch was? Achja: Als Jauch Rösler fragt, ob er persönliche Konsequenzen aus dem Berliner Wahldebakel ziehen werde, sagt der nur knapp: „Nein, die nicht.“ Er sagt es leise, so, als wolle er, dass es keiner mitbekommt. Und dann darf auch Klaus Wowereit noch einmal was sagen, als der Moderator ihm die längst überfällige K-Frage stellt. Über Kanzler, sagt der Hauptstadt-Bürgermeister, werde man Ende 2012 bei der SPD entscheiden. Wowereit meint potenzielle Kandidaten. Es klingt allerdings eher wie eine Bewerbung, wie er so dasitzt mit vor Stolz geschwollener Brust. Und mit Überschuldung, da kennt sich Berlins erster Bürger ja auch bereits bestens aus.