Berlin. .

Die Kanzlerin hat es derzeit nicht leicht mit der FDP. Da hatte sie gerade die liberalen Partner ermahnt, bei ihrer Kritik bei Euro-Rettung und Griechen-Pleite einen Gang zurückzuschalten – doch die Angesprochenen zeigten kein Einsehen. „Denkverbote“ und „Schweigegelübde“ , stichelten die FDP-Frontleute Philipp Rösler und Christian Lindner, dürfe es ja wohl in einer Koalition nicht geben.

Gleichzeitig rollte in der FDP eine Mobilisierungskampagne gegen die Installierung eines dauerhaften Euro-Rettungsschirms für von der Pleite bedrohte Euro-Staaten an. „Unbefristete Rettungsmaßnahmen, bei denen Deutschland für Schulden anderer europäischer Staaten haftet, kommen für die FDP nicht in Frage“ – unter anderem über diesen Satz wollen die Initiatoren die Meinung der Parteibasis einholen.

Ende der Koalition?

Eine Abstimmung über das Ende der Koalition erkennt darin bereits der – freilich nicht ganz unvoreingenommene – Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und verlangt Röslers Rausschmiss aus dem Kabinett. Zumindest so viel ist wahr: Röslers Trotz, kombiniert mit der Kampagne für einen Anti-Euro-Entscheid, das könnte so aussehen, als machten sich die Liberalen gerade auf, geschlossen gegen die Kanzlerin zu marschieren.

An der Seite der Skeptiker steht auch der Altliberale Burkhard Hirsch, der als Streiter für die Bürgerrechte in der Partei Verehrung genießt, vom Euro allerdings nie wirklich begeistert war. Fünf Landesverbände müssten dem Antrag auf einen Mitgliederentscheid zustimmen, damit dieser stattfindet; oder aber fünf Prozent des Parteivolks, derzeit etwa 3400 Liberale. Dafür ausgesprochen hat sich bisher der Landesvorstand in Bremen. Positive Signale gibt es aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin und Sachsen. Zudem haben sich bereits 1200 Einzel-Unterstützer gefunden.

FDP nicht geschlosen

Doch es gibt nicht nur Kritiker. Für „grundfalsch“ hält einen Mitgliederentscheid etwa der NRW-Liberale Johannes Vogel: „Ich bin der Meinung, dass wir uns als proeuropäische Partei angesichts der positiven Bedeutung des Euro für Deutschland eine Fundamental-Opposition ge­gen alles nicht leisten können.“

Erkennbar ist also: Die FDP marschiert keineswegs in geschlossenen Reihen. An der Euro-Krise scheiden sich auch in der Partei die Geister. Wie übrigens auch in der Union, deren Mittelstandsflügel ohne sich viel um die Meinung der Kanzlerin zu scheren dafür plädiert, die Griechen notfalls aus dem Euro-Verbund zu schmeißen.

Bei der FDP kommt die deprimierende Aussicht hinzu, am kommenden Sonntag in Berlin zum fünften Mal in diesem Jahr aus einem Landesparlament zu fliegen. Dass Rösler auf Besserung hofft, indem er seine Partei, wohlwollend gesagt, als Sprachrohr der Bürgersorgen um den Euro anbietet, ist klar erkennbar. In Populismusverdacht gerät man dabei schnell.

Wie geht es weiter mit der Koalition?

Wie geht es weiter mit der schwarz-gelben Koalition? Welche Optionen hat Angela Merkel? Alle Szenarien im Überblick.

Szenario 1: Die Helmut Schmidt-Variante: „Reisende soll man nicht aufhalten“, sprach der SPD-Kanzler im September 1982 – und entließ die FDP-Minister. Dem Beispiel könnte Merkel folgen. Die FDP strebt zwar nicht wie 1982 eine andere Koalition an. Dafür geht sie in der Euro-Krise politisch auf Konfrontationskurs.

Was wäre die Bruchstelle? Wenn die FDP per Mitgliederentscheid den neuen Euro-Rettungsschirm ablehnt. Denn: Setzt sich Rösler an die Spitze der Gegner, ist die Koalition gescheitert. Er würde die Regierungslinie angreifen.

Wer könnte Merkels weißer Ritter werden? „Wir nicht“, sagen SPD und Grüne unisono. Für die SPD hat Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier unlängst eine große Koalition ausgeschlossen. „Dann gibt es Neuwahlen“, sagt Präsidiumsmitglied Martin Schulz.

Szenario 2: Der Widerspenstigen Zähmung: Die FDP kuscht, Rösler stemmt sich gegen die Euroskeptiker und der Mitgliederentscheid geht in seinem Sinne aus. Dagegen spricht, dass er mit seinem Gerede von der geregelten Insolvenz die Kritiker bestärkt.

Szenario 3: „Schrecken ohne Ende.“ Die Partner streiten unverdrossen weiter, Merkel gegen die FDP, die CSU und Teile ihrer eigenen Partei. Merkel gibt sich mit einer einfachen Mehrheit im Parlament zufrieden und pocht bei der Abstimmung über den Rettungsschirm nicht auf die „Kanzlermehrheit“ von 311 Stimmen. Gleichzeitig überhört die Kanzlerin alle Misstöne – und verkneift sich alle weiteren Machtworte.