Berlin. . Kurz vor seinem Deutschlandbesuch äußert der türkische Staatspräsident Gül Kritik: Das mehrfach verschärfte Einwanderungsrecht widerspreche den Menschenrechten. Es stehe nicht im Einklang mit dem Gedanken einer fortschrittlichen Demokratie.
Kurz vor seinem Deutschlandbesuch hat der türkische Staatspräsident Abdullah Gül die Ausländerpolitik der Bundesrepublik als rechtswidrig gerügt. Das mehrfach verschärfte Einwanderungsrecht widerspreche den Menschenrechten, sagte Gül dem ZDF laut Vorabmeldung vom Samstag. Es stehe nicht im Einklang mit dem Gedanken einer fortschrittlichen Demokratie. Nach der Reform von 2007 hängt der Ehegatten-Nachzug davon ab, ob der Partner einen Deutschtest in der Türkei besteht.
Gül reist am Sonntag zu einem viertägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Hierzulande leben rund 2,5 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln. Knapp ein Drittel hat einen deutschen Pass.
Gleichzeitig forderte Gül seine Landsleute in Deutschland auf, besser Deutsch zu lernen: „Sie sollten die Sprache akzentfrei beherrschen.“ Der Sorge, dass sich die Türkei vom Westen entfernt, widersprach der Präsident. Ziel bleibe die EU-Vollmitgliedschaft.
Christian Wulff dankt den Türken
Bundespräsident Christian Wulff dankte den Türken in Deutschland für ihren Beitrag zum deutschen Wohlstand. „Einwanderer aus der Türkei haben Deutschland vielfältiger, offener und der Welt zugewandter gemacht“, sagte Wulff der „Süddeutschen Zeitung“. Er sehe in einem weiteren Ausbau der deutsch-türkischen Beziehungen „ein großes Potenzial“ für beide Länder.
Wulff würdigte auch die Rolle der Türkei als Vorbild für die Umbruchstaaten in der arabischen Welt. Die Türkei sei „ein Beispiel dafür, dass Islam und Demokratie, Islam und Rechtsstaat, Islam und Pluralismus kein Widerspruch sein müssen“. Dies sei von „überragender Bedeutung für den Frieden in der Welt“.
Ehefrau Hayrünnisa reist mit
Wulff will während des dreitägigen Staatsbesuchs seinem Gast auch seine Geburtsstadt Osnabrück zeigen. Gül wird von seiner Ehefrau Hayrünnisa begleitet.
Wulff begrüßt seinen Amtskollegen am Montag mit militärischen Ehren und einem Gespräch im Berliner Schloss Bellevue. Am Abend findet dort nach einem gemeinsamen Besuch des deutsch-türkischen Wirtschaftsforums ein Staatsbankett zu Ehren des Gastes statt.
Am selben Tag will Hayrünnisa Gül mit Präsidentengattin Bettina Wulff und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) das Berliner Kinder- und Familienzentrum INA besuchen. Anlass ist der Start eines Förderprogramms für frühkindliche Bildung. Allein in Berlin leben mehr als 185.000 Menschen türkischer Herkunft, von denen 80.000 einen deutschen Pass besitzen. Es ist die größte türkische Gemeinschaft außerhalb des Mutterlandes Türkei. (dapd)