Kairo. . Der türkische Premier Erdogan tourt durch den arabischen Frühling und bietet sein Land als Vorbild für Ägypten, Tunesien und Libyen an. Sein harte Haltung gegenüber Israel kommt dort gut an.

Drei Tage tourt Recep Tayyip Erdogan nun durch den arabischen Frühling. Erst Kairo, dann Tunis und Tripolis. „Die legitimen Rechte der Völker können nicht mit Blut und Gewalt unterdrückt werden“, redete er am Dienstag in seiner als „historisch“ angekündigten Rede den 22 Außenministern der Arabischen Liga ins Gewissen. Die meisten von ihnen wollen immer noch nichts hören von Gewaltenteilung, Beteiligung der Völker oder Abschied von despotischem Machtmissbrauch.

Und so trat Erdogan vor ihnen auf in der Rolle des abgeklärten und erfahrenen Staatsmannes, dessen wirtschaftlich prosperierende Nation ihren Wandel zu Demokratie bereits erfolgreich bewältigt hat und sich nun als Modell für den Aufbruch der arabischen Brüder anbietet. „Wir gehören alle zu einer großen Familie und erleben einen Wendepunkt in unserer gemeinsamen Geschichte“, beschwor er die Runde, die sich im Kairoer Hauptquartier des Staatenbundes versammelt hatte.

Der ganze Globus spreche inzwischen von der neuen Würde der arabischen Welt. Demokratie und Menschenrechte seien die Leitlinien der Zukunft, erklärte Erdogan und forderte alle arabischen Regime auf, die notwendigen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Reformen anzupacken. „Wandel und Übergang zu Demokratie sind unabdingbar. Sie sind legitime Rechte der Völker.“

Loyalität zu Gaddafi vergessen

Gern vergessen machen möchte Erdogan heute, dass er zu Beginn des arabischen Frühlings wenig Ermutigendes an die Adresse der Revolutionäre zu sagen hatte. Zu Tunesien und Ägypten hielt er sich bedeckt, in Libyen blieb Ankara anfangs sogar nahezu ungeniert an der Seite Gaddafis, um die lukrativen türkischen Projekte nicht zu gefährden. Erst nach Monaten Bürgerkrieg in Libyen und erst nach Beginn der Unruhen beim direkten Nachbarn Syrien fand Erdogan dann zu klarer Kritik an den Regimen von Muammar Gaddafi und Bashar al-Assad.

Trotzdem wurde der türkische Premier bei seiner Ankunft in Kairo von einer tausendköpfigen Menge wie ein Volksheld gefeiert. Denn in der arabischen Welt trägt ihm vor allem seine harte Haltung gegenüber Israel Bewunderung und Zustimmung ein. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor gut zwei Jahren verließ er eine Podiumsdiskussion mit Israels Präsident Shimon Peres aus Protest gegen Israels Gazakrieg.

Nach dem Angriff auf eine Gaza-Hilfsflotte im Mai 2010 verlangte er eine offizielle Entschuldigung für den Tod von neun türkischen Aktivisten durch ein israelisches Marinekommando. Vor zwei Wochen dann warf Erdogan Israels Botschafter demonstrativ aus dem Land und kündigte an, er werde die nächsten türkischen Hilfsschiffe in Richtung Gazastreifen von Fregatten schützen lassen.

Türkei als Schutzmacht

Gleichzeitig aber möchte Erdogan die Türkei auch als politische Schutzmacht etablieren für eine Staatsgründung der Palästinenser, die nächste Woche beim UN-Sicherheitsrat die Aufnahme als 194. Mitglied der Vereinten Nationen beantragen wollen. Ein palästinensischer Staat sei keine Option, sondern eine Verpflichtung, so Erdogan.