Berlin. .

Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern kann der alte und neue Ministerpräsident Erwin Sellering sich den Regierungspartner aussuchen - wie entscheidet er sich?

Erwin Sellering hat heute einen Termin in Berlin. Noch vor den Gremiensitzungen im Willy-Brandt-Haus berät sich der Wahlsieger – völlig inoffiziell – mit SPD-Chef Sigmar Gabriel. Wie man hört, ist auch Matthias Platzeck dabei. Es ist leicht zu erraten, warum der Potsdamer Regierungschef dazugebeten wurde. Platzeck konnte es sich aussuchen, ob er mit CDU oder der Linkspartei regiert – wie Kollege Sellering in Mecklenburg-Vorpommern. Platzeck entschied sich für die Linke. Was macht Sellering?

Zufriedenheit mit Koalition

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Über Koalitionen befindet die SPD in Schwerin. Sellering hat das Bündnis mit der CDU nicht als große Last empfunden. Die Christdemokraten haben sich ihrerseits mit ihrer Rolle als Juniorpartner arrangiert. Kaum waren die Wahllokale gestern geschlossen, da wurde die Landespartei aus Berlin dazu ermuntert, weiter zu machen.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe machte eine „große Zufriedenheit“ mit der Koalition aus. Unions-Fraktionsmanager Peter Altmaier sagt, CDU und SPD hätten eine „große eindeutige Mehrheit“. Hört, hört.

Gröhe und Altmaier auf der einen Seite und Gabriel auf der anderen Seite denken an den Bundesrat. Dort hat keine Seite eine Mehrheit. Daran ändert sich nichts, wenn Sellering die große Koalition fortsetzt. Entscheidet er sich jedoch für die Linken, gewinnen SPD und Grüne die Wahl in 14 Tagen in Berlin und die Abstimmung im Mai 2012 in Schleswig-Holstein, verschieben sich die Verhältnisse.

Unbeliebte Linke

Das ist noch nicht das einzige Argument für Rot-Rot: Im Berliner Senat wie auch in Brandenburg hat die Regierungsverantwortung den Linken nicht gut getan. Sie wurden dort gezwungen, sich unbeliebt zu machen. Sie wurden entzaubert. Das wird man Erwin Sellering mal ganz unverbindlich vor Augen führen.

Unabhängig davon, wie es nun weitergeht, überwiegt bei den Linken die Erleichterung. Die Querelen um das Führungsduo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst haben der Partei in Schwerin nicht geschadet. „Erst einmal hat die Linke zugelegt“, erinnerte der Abgeordnete Dietmar Bartsch in allen TV-Kanälen.

Die FDP im Land hätte sich allzu gern vom Negativtrend ihrer Bundespartei abgekoppelt. In Wahrheit wurde sie voll erfasst. Wer gehofft hatte, nach dem Führungswechsel von Guido Westerwelle zu Philipp Rösler würde es nun vorangehen, sah sich getäuscht. Sie hätten sich „nie der Illusion hingegeben“, versicherte Generalsekretär Christian Lindner. Trotzdem wirkt der Mann geknickt. Er rief dazu auf, „an unseren Brot-und-Butter-Themen“ zu arbeiten. Er nannte den Euro, die Wirtschaft. Seltsam, die Forderung nach Steuersenkungen hatte der Liberale glatt vergessen, oder?

Siegestrunkene SPD

Lindner war aber der einzige Spitzenpolitiker, der auf den Erfolg der NPD näher einging. Im Willy-Brandt-Haus war man dafür zu siegestrunken. „Wir fühlen uns bestätigt“, jubelte Generalsekretärin Andrea Nahles. Kommt die NPD zum zweiten Mal hintereinander in den Landtag, hat sie sich im Nordosten im Grunde etabliert. Diese unangenehme Wahrheit nimmt man in Berlin kaum zur Kenntnis.

Weil ein örtlicher Kandidat verstarb, haben die Parteien in Rügen noch zwei Wochen Wahlkampf. Erst dann wird abgerechnet. SPD-Mann Sellering hat einen guten Grund, sich Zeit zu lassen und mit allen zu reden. Der Zufall will es so, dass in zwei Wochen auch in Berlin gewählt wird. Dann steht womöglich sein Parteifreund Klaus Wowereit vor der Frage, mit wem er regieren würde. Der Wunschpartner der SPD sind die Grünen, die künftig im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sitzen. Und das ist auch ein Erfolg. Aber gestern lief er irgendwie „unter ferner liefen“.