Tripolis. . Die libysche Hauptstadt Tripolis kämpft mit schweren Versorgungsengpässen. Die Bevölkerung klagt über Stromausfälle, Trinkwassermangel und explodierende Lebensmittelpreise. Algerien dementiert derweil Berichte über eine mögliche Flucht Gaddafis.
Nach der weitgehenden Eroberung von Tripolis durch die libyschen Rebellen hat die Hauptstadt mit gravierenden Versorgungsengpässen zu kämpfen. Der Chef des Nationalen Übergangsrates der Rebellen, Mustafa Abdel Dschalil, bat am Samstag um dringende Hilfe für die Hauptstadt. Algerien wies unterdessen Berichte über eine mögliche Flucht von Machthaber Muammar el Gaddafi über die libysch-algerische Grenze zurück.
Die Bevölkerung in Tripolis klagte am Wochenende über Stromausfälle, Trinkwassermangel und explodierende Lebensmittelpreise. Auch die Treibstoffpreise in Tripolis stiegen dramatisch an. Dschalil sprach von Sabotage durch versprengte Gaddafi-Getreue.
Spekulationen über Flucht Gaddafis nach Algerien
Alle Hilfsorganisationen seien darüber informiert worden, dass dringend Medikamente, Erste-Hilfe-Ausrüstung und chirurgisches Material benötigt werde, sagte Dschalil. Daneben mangele es auch an Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Dingen. Nach Angaben des Infrastrukturministeriums der Rebellen warteten 32 Schiffe darauf, Tripolis mit Wasser, Medikamenten und Treibstoff zu versorgen.
Spekulationen über eine Flucht Gaddafis nach Algerien löste ein Konvoi gepanzerter Fahrzeuge aus: Sechs Fahrzeuge hätten am Freitagmorgen von Libyen aus die Grenzstadt Ghadames auf dem Weg nach Algerien durchquert, berichtete die ägyptische Nachrichtenagentur Mena unter Berufung auf libysche Militärkreise. Hochrangige libysche Offizielle seien transportiert worden, möglicherweise auch Gaddafi und seine Söhne. Das algerische Außenministerium wies den Bericht „kategorisch“ zurück.
Weniger Kämpfe in Tripolis
Nach vereinzelten Explosionen und Schusswechseln in der Nacht ebbten die Kämpfe in der libyschen Hauptstadt am Samstag völlig ab. Die Rebellen übernahmen nach eigenen Angaben auch die Kontrolle über den Flughafen. In Salaheddin im Süden von Tripolis nahmen die Rebellen zudem die Militärbasis der 32. Garde ein, einer Elite-Einheit unter Befehl von Gaddafis Sohn Chamis. In einem improvisierten Gefängnis der Kaserne entdeckten Anwohner kurz darauf die verkohlten Leichen von rund 50 Menschen. Sie vermuten, dass diese Opfer eines Massakers vom vergangenen Dienstag geworden seien.
Die Kämpfe verlagerten sich unterdessen in Gaddafis Heimatstadt Sirte. Die NATO beschoss dort am Freitag 15 Militärfahrzeuge und weitere Ziele, wie sie am Samstag in Brüssel mitteilte. Die Rebellen kündigten eine Offensive in der Küstenstadt an.
Dschalil verspricht Gaddafi „fairen Prozess“
In Interviews mit der „Süddeutschen Zeitung“ und dem „Tagesspiegel“ bot der Vize-Chef des libyschen Übergangsrats, Ali Tarhuni, Gaddafis Anhängern an, sie in die Sicherheitskräfte des künftigen Libyen zu integrieren. Ausgenommen seien nur all jene, die „Blut an den Händen“ hätten. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief die Konfliktparteien auf, keine Rache zu üben und die Menschenrechte zu achten.
Dschalil versprach Gaddafi und seinen Vertrauten einen „fairen Prozess“, wenn sie sich ergäben. Andernfalls seien standrechtliche Hinrichtungen zu befürchten, warnte Dschalil. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte, Gaddafi vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen. (afp)