Berlin. . Führende Politiker von Union und FDP haben die Kritik von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) an der Außenpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung zurückgewiesen. Es gibt aber auch Stimmen, die Kohl beipflichten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kritik von Altkanzler Helmut Kohl (beide CDU) am politischen Kurs Deutschlands in der Welt zurückgewiesen. „Jede Zeit hat ihre spezifischen Herausforderungen“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ vom Donnerstag mit Blick auf Äußerungen Kohls, der Bundesregierung fehle ein „Kompass“ in der Außenpolitik. Der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, warnte davor, die Kritik Kohls beiseite zu wischen.
„Die christlich-liberale Bundesregierung arbeitet daran, die Herausforderungen unserer Zeit zusammen mit unseren Partnern in Europa und der Welt entschlossen zu meistern“, sagte Merkel der Zeitung. Zugleich fügte sie hinzu, die Verdienste Kohls als Kanzler der deutschen Einheit und der europäischen Einigung seien „nicht hoch genug einzuschätzen“.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wandte sich ebenfalls gegen die Kritik des Altkanzlers. „Die von Helmut Kohl genannten Grundprinzipien deutscher Außenpolitik – wie die transatlantische Partnerschaft, die Einigung Europas und die deutsch-französische Freundschaft – bestimmen auch heute das Handeln der Regierung von Angela Merkel“, sagte er der Tageszeitung „Die Welt“ vom Donnerstag. Als Beispiel verwies Gröhe auf die Vorschläge Merkels und des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zur Stärkung der Stabilitätskultur in Europa. Dies stehe in der Tradition der Politik Kohls.
Keine berechenbare Größe
Kohl hatte sich in der Zeitschrift „Internationale Politik“ geäußert. „Deutschland ist keine berechenbare Größe mehr – weder nach innen noch nach außen“, sagte er, ohne Merkel dabei namentlich zu nennen. Fehlende Verlässlichkeit habe auch im Ausland zu Verunsicherung geführt. „Wenn man keinen Kompass hat, wenn man also nicht weiß, wo man steht und wo man hin will, und daraus abgeleitet dann auch keinen Führungs- und Gestaltungswillen, dann hängt man auch nicht an dem, was wir unter Kontinuitäten der Außenpolitik verstehen“, sagte Kohl. Die Deutschen müssten wieder „für andere erkennbar deutlich machen, wo wir stehen und wo wir hin wollen, dass wir wissen, wo wir hingehören, dass wir Werte und Prinzipien machen, die über den Tag hinaus gelten“.
Neue Kraftzentren in der Welt
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle wies Kohls Kritik zurück. In der Welt des 21. Jahrhunderts sei es wichtig, nicht nur alte Partnerschaften zu pflegen, sondern auch die neuen Kraftzentren in der Welt ernst zu nehmen und neue strategische Verbindungen aufzubauen, sagte der FDP-Politiker im ZDF. Dies sei gerade für ein Exportland wichtig, das von der internationalen Vernetzung lebe. „Das hat nichts damit zu tun, dass wir unsere Partner nicht kennen würden.
Der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder äußerte Verständnis für den Altkanzler. Es gebe bei vielen Parteimitgliedern viele Fragezeichen, was den politischen Kurs der Partei angehe, sagte Mißfelder im Deutschlandfunk. Insofern seien Kohls Äußerungen nicht nur Ausdruck von Sorge, sie zeigten auch, dass in der Union „gerade etwas los“ ist.
Beispiellos und vernichtend
Genüsslich kommentierte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin die Kritik von Altkanzler an Merkel als „beispiellos und vernichtend“. Kohl bringe die Haltung der Kanzlerin in der Eurokrise auf den Punkt und fordere zu Recht von ihr „zügige und unideologische Maßnahmen“, sagte Trittin am Donnerstag in Hannover.
Man brauche endlich den europäischen Stabilisierungsmechanismus, sagte der Grünen-Politiker weiter. Der Mechanismus dürfe nicht weiter tot verhandelt werden. „Man muss die Spekulation gegen einzelne Staaten der Eurozone beenden und dies geht nur mit europäischen Staatsanleihen.“, betonte er. (mit afp/dapd)