London. . Nach dem Tod von drei Männern während der jüngsten Ausschreitungen im britischen Birmingham stehen zwei Tatverdächtige unter Mordverdacht. Sie sollen mit einem Auto drei Männer überfahren haben, die mehrere Familienbetriebe vor Plünderern schützen wollten.
Nach dem Tod von drei Männern während der jüngsten Ausschreitungen im britischen Birmingham stehen zwei Tatverdächtige unter Mordverdacht. Die Männer im Alter von 17 und 26 Jahren sollten nach Angaben der Polizei am heutigen Sonntag vor einem Gericht in Birmingham angeklagt werden. Landesweit wurden mehr als 2.100 Menschen festgenommen. Tausende Sondereinsatzkräfte sind inzwischen in verschiedenen britischen Städten aktiv. Am Wochenende wurden zunächst keine größeren neuen Zwischenfälle gemeldet.
Allein in London wurde bis zum Wochenende gegen mindestens 745 Personen Anklage erhoben. Ihnen wird Gewalttätigkeit, Unruhestiftung und Plünderung vorgeworfen. Die beiden Verdächtigen in Birmingham sollen am vergangenen Mittwoch mit einem Auto drei Männer überfahren haben, die mehrere Familienbetriebe vor Plünderern schützen wollten. Dabei handelte es sich um den schwersten Angriff während der Ausschreitungen in Großbritannien.
Menschenrechtler haben nach den Ausschreitungen allerdings auch Kritik an dem von der Regierung angekündigten harten Vorgehen gegen Randalierer geäußert. Besonders kontrovers wird eine Äußerung von Premierminister David Cameron diskutiert, wonach die Regierung, Geheimdienste und die Kommunikationsindustrie beraten sollten, ob es bei Unruhen nötig sein könnte, den Gebrauch von Mobilfunk- und Nachrichtenübermittlungsdiensten sowie die Kommunikation über soziale Netzwerke im Internet zu unterbrechen.
Bürgerrechtler fürchten Angriff auf freie Meinungsäußerung
Die britische Polizei hatte während der jüngsten Unruhen beklagt, dass junge Kriminelle den Kurzmitteilungsdienst Twitter sowie den Instant-Message-Dienst von Handys der Marke Blackberry genutzt hätten, um Plünderungen zu koordinieren. So wurde am Freitag eine 18-Jährige angeklagt, weil sie per Blackberry andere ermuntert haben soll, sich an der Gewalt zu beteiligen.
Vertreter von Twitter, Facebook und des Blackberry-Herstellers Research in Motion wurden ins Innenministerium berufen, um die Sorgen der Regierung zu diskutieren. Das Ansinnen der Regierung stieß dabei auf große Empörung. „Cameron sollte nicht erlauben, dass der berechtigte Zorn angesichts der jüngsten Randale und Plünderungen im Vereinigten Königreich für einen Angriff auf die freie Meinungsäußerung und den freien Zugang zu Informationen genutzt wird“, sagte Padraig Reidy von der Bürgerrechtsgruppe Index on Censorship.
Britische Polizei wehrt sich gegen Hilfe aus den USA
Die britische Polizei wehrt sich unterdessen gegen die Berufung des früheren New Yorker Polizeichefs Bill Bratton zum Berater im Kampf gegen die Jugendgewalt. Polizeigewerkschaften in London und Manchester sprachen am Samstag von einer Beleidigung ihrer Arbeit. Premierminister Cameron hatte Bratton um Unterstützung gebeten.
„Die amerikanische Polizeiarbeit wird bestimmt durch Gewalt“, sagte Paul Deller von der Metropolitan Police Federation, die mehr als 30.000 Polizisten in der britischen Hauptstadt vertritt. „Wir wollen das in diesem Land nicht.“ Deller warf der britischen Regierung vor, Brattons Strategie gar nicht ernsthaft umsetzen zu wollen. Dieser habe in New York und Los Angeles die Zahl der Polizisten auf den Straßen erhöht, „während wir eine Regierung haben, die genau das Gegenteil tun will“.
Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft in Manchester, Ian Hanson, erklärte, die Beamten vor Ort wüssten besser, was in ihren Gemeinden zu tun sei, als jemand, der 5.000 Meilen weit weg wohne. (ap)