Berlin. . Einen Sturm der Empörung forderte FDP Generalsekretär Christian Lindner heraus: Er schlug vor, das Arbeitslosengeld für Ältere nur noch 18 statt 24 Monate zu zahlen. Die Sozialverbände protestierten prompt.

Ältere sollen nach dem Willen der FDP nur noch 18 statt 24 Monate Arbeitslosengeld bekommen. Generalsekretär Christian Lindner forderte am Mittwoch, die 2008 eingeführten Verbesserungen für ältere Arbeitslose zurückzunehmen. Allerdings scheint die Idee vorerst chancenlos: Der Liberale erntete einen Sturm des Protests und trifft auf heftigen Widerstand von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) und der CSU. Sie wollen keine Änderung.

Die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I war zunächst von der Regierung Schröder auf in der Regel ein Jahr verkürzt worden. Nur über 55-Jährige konnten die Leistung bis zu 18 Monate bekommen. Die Große Koalition gestand 2008 dagegen langjährig versicherten älteren Arbeitnehmern ab 58 wieder bis zu 24 Monate ALG I zu.

„Ältere Arbeitnehmer werden auf dem Markt gebraucht“

Lindner will nun zurück zu der alten Regelung von vor 2008. Er verwies darauf, dass auch die Bundesagentur für Arbeit die Bezugsdauer von bis zu zwei Jahren kritisch gesehen habe. „Die Lage auf dem Arbeitsmarkt erfordert keine Quasi-Frühverrentungsformen“, argumentierte der FDP-Generalsekretär. „Ältere Arbeitnehmer werden als qualifizierte Fachkräfte gebraucht.“

Eine Rückkehr zur früheren Bezugsdauer würde laut Lindner die Beitragszahler um bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr entlasten. Dieses Volumen könnte dafür eingesetzt werden, die Bedingungen für Mini- und Midijobs zu verbessern. Die Einkommensgrenzen von 400 bis 800 Euro für diese Jobs, für die wenig oder gar keine Sozialabgaben und Steuern fällig werden, seien seit acht Jahren nicht angepasst worden, monierte Lindner. Auch die Hinzuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Empfänger sollten nochmals verbessert werden.

Von der Leyen lässt Lindner auflaufen

Sozialministerin von der Leyen ließ Lindner aber umgehend abblitzen. Die Bundesregierung plane aktuell „keine Einschnitte bei der Bezugsdauer von Arbeitslosen“, betonte ein Sprecher des Sozialministeriums. Über den FDP-Vorstoß sagte er: „Das ist ein Vorschlag aus der Koalition heraus, eine Anregung. Wir sind gerne bereit, darüber zu diskutieren, unsere Sichtweise darzulegen, das einzuordnen.“ Nach Berechnungen des Ministeriums würde eine Rückkehr zur alten Rechtslage auch nicht 1,5 Milliarden, sondern nur 0,9 Milliarden Euro bringen.

Für die CSU zeigte sich die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer empört: „Das ist ungerecht und leistungsfeindlich und mit der CSU nicht zu machen! Wer jahrzehntelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, sollte bei Verlust des Arbeitsplatzes auch länger Arbeitslosengeld bekommen, als jemand, der nur kurz einbezahlt hat.“

Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände protestieren

Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände liefen ebenfalls Sturm gegen Lindners Vorstoß. „Der FDP-Vorschlag ist unsinnig und unverschämt“, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Auch der Sozialverband VdK wies die Idee scharf zurück. SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil nannte sie zynisch. Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer meinte, die FDP wolle den Sozialstaat zerpflücken.

Unterstützung für die FDP kam dagegen vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Die Bevorzugung Älterer „passt nicht mehr in die Zeit“, sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann dem „Handelsblatt“. Die Bezugsdauer „sollte für alle nicht länger als ein Jahr betragen.“ (dapd)