Amman. . Panzer haben das Stadtzentrum der syrischen Protesthochburg Hama besetzt und ein Wohnviertel beschossen. Derweil ringt der UN-Sicherheitsrat weiter um eine Stellungnahme. Deutschland hat bislang seinen Botschafter noch nicht abgezogen.
Panzer des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sind ins Herz der Protesthochburg Hama vorgestoßen und haben dort den Orontes-Platz besetzt. Nach Berichten von Zeugen war die 700.000-Einwohner-Stadt am Mittwoch zuvor mit Artilleriegranaten beschossen worden. Trotz der Eskalation der Gewalt konnte sich der UN-Sicherheitsrat zunächst nicht auf eine Stellungnahme zu den Ereignissen einigen. Deutschland zieht anders als Italien seinen Botschafter nicht aus Damaskus ab.
Panzer-Beschuss auf das Viertel al-Hader
Die Panzer seien vom Süden her in Hama vorgerückt, berichtete ein Anwohner. Sie seien von extrem assad-treuen Einheiten wie den Schabbiha-Milizen begleitet worden. Der Panzer-Beschuss habe sich auf das Viertel al-Hader konzentriert. Es war eines der Zentren eines Aufstandes gegen Assads Vater und Vorgänger Hafis al-Assad. Bei der Niederschlagung der Revolte waren vor bald 30 Jahren Tausende Menschen getötet worden.
„Alle Kommunikationswege sind abgeschnitten“, sagte der Anwohner der Nachrichtenagentur Reuters per Satellitentelefon. „Das Regime nutzt es aus, dass die Medien sich auf den Prozess gegen Husni Mubarak konzentrieren, um Hama fertigzumachen.“ Mubarak war im Februar als ägyptischer Präsident gestürzt worden, am Mittwoch begann sein Prozess in Kairo.
1700 tote Demonstranten
Auf dem Orontes-Platz fanden seit Beginn des Aufstandes gegen Assad vo fünf Monaten einige der größten Demonstrationen stattgefunden. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen wurden bei der Niederschlagung der Proteste etwa 1700 Demonstranten getötet. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist nicht möglich, da Syrien die meisten ausländischen Journalisten ausgewiesen hat.
In New York wurden am Dienstagabend die Verhandlungen über einen UN-Resolutionsentwurf westlicher Staaten auf Mittwoch vertagt. Nach Angaben von Diplomaten liegen die Positionen noch weit auseinander. Russland und einige andere Länder wollen demnach, dass neben der syrischen Regierung auch die Oppositionsbewegung zum Gewaltverzicht aufgefordert wird. Westliche Staaten halten dagegen, man könne das Vorgehen beider Seiten nicht gleichsetzen.
US-Senatoren fordern härtere Sanktionen
In Washington forderte der Senator Mark Kirk harsche Sanktionen gegen die syrische Regierung. Handelsblockaden sollten den syrischen Energiesektor treffen, erklärte der Republikaner. Betroffen sein sollten Firmen, die in Syrien investierten, syrisches Öl abnehmen würden oder syrischen Benzin verkaufen. Auch der unabhängige Senator Joseph Lieberman erklärte, es sei Zeit, den Übergang zur Demokratie zu unterstützen. Die US-Regierung hat Assad bislang die Rechtmäßigkeit abgesprochen, allerdings auf Rücktrittsforderungen wie im Fall des libyschen Machthabers Muammar Gaddafi verzichtet.
In Berlin sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, Deutschland respektiere die Entscheidung Italiens, werde den eigenen Botschafter allerdings bis auf weiteres nicht aus Damaskus abziehen. „Aus unserer Sicht ist es angesichts der starken und sehr erfolgreichen Informationsblockade durch die syrischen Behörden ganz wichtig, dass die Botschaft weiter vor Ort Informationen sammeln kann“. Außerdem gehe es darum, weiter die Kontakte zur syrischen Opposition zu unterhalten.
Die Frage des diplomatischen Umgangs mit der Krise werde auch Thema der Gespräche auf EU-Ebene am Donnerstag sein, kündigte Schäfer an. Auf Initiative von Außenminister Guido Westerwelle werde es eine Sitzung der Botschafter im sicherheitspolitischen Komitee der EU geben. Dabei solle über das weitere Vorgehen der EU und potenzielle weitere Sanktionen gegen Syrien beraten. (rtr)