Belgrad. . Serbien macht einen großen Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft. Das Land hat den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Goran Hadzic nach Den Haag ausgeliefert. Der 52-Jährige soll für die Ermordung und Vertreibung Tausender Kroaten verantwortlich sein.
Serbien hat den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Goran Hadzic an das UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien überstellt. Der frühere kroatische Serbenführer traf am Freitagnachmittag im Gerichtsgefängnis ein, wie das Tribunal bei Den Haag erklärte. Chefankläger Serge Brammertz forderte derweil Serbien zur Mithilfe bei der Klärung der Frage auf, wie Hadzic und andere Angeklagte jahrelang auf freiem Fuß bleiben konnten.
Am Nachtmittag landete das Flugzeug mit Hadzic in Rotterdam. Gegen 16.00 Uhr fuhren dann zwei Fahrzeuge mit verspiegelten Scheiben in das Gefängnis in Scheveningen bei Den Haag. Damit ist der letzte noch flüchtige Angeklagte in der Obhut des Tribunals. Am Montagnachmittag soll Hadzic erstmals dem Gericht vorgeführt werden.
Die Serben hätten mit der Verhaftung der Angeklagten "ihre wichtigsten internationalen Verpflichtungen" erfüllt, sagte Brammertz am Donnerstag der Nachrichtenagentur Beta. Zugleich warnte er, dass es noch zu früh für abschließende Beurteilungen sei. "Dieses Kapitel ist geschlossen, doch die Kooperation geht weiter." Ihn würde es "sehr interessieren", wo sich Hadzic und der Ende Mai gefasste frühere bosnische Serbenführer Ratko Mladic aufhielten. "Wer hat sie unterstützt? Wie konnten sie so lange auf der Flucht bleiben?"
Serbiens Innenminister fürchtet um EU-Beitritt
Serbiens Innenminister Ivica Dacic warnte seine Landsleute, dass nun, da der letzte flüchtige mutmaßliche Kriegsverbrecher gefasst sei, die Europäer sicher weitere Hürden für den EU-Beitritt Serbiens errichten würden. Wenn jemand in der EU Serbien nicht wolle, solle er dies sagen, forderte Dacic am Donnerstag im Gespräch mit dem Sender B92.
Hadzic war am Mittwoch nach sieben Jahren auf der Flucht im Norden Serbiens festgenommen worden. Der 52-Jährige soll für den Tod hunderter kroatischer Zivilisten und die Verschleppung zehntausender Kroaten und Nicht-Serben durch die serbischen Truppen während des Kroatien-Krieges (1991-1995) verantwortlich sein. Er war zwischen 1992 und 1993 Präsident der selbsternannten serbischen Republik Krajina, die damals ein Drittel des Gebietes von Kroatien umfasste. Das vom UN-Sicherheitsrat im Jahr 1993 eingerichtete Ad-Hoc-Tribunal wirft ihm Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.
Die serbische Justizministerin Snezana Malovic hatte am Freitagvormittag mitgeteilt, sie habe die Anweisung für Hadzics Überstellung unterzeichnet. Vor seinem Abflug durfte Hadzic noch seine frühere Freundin und ihre gemeinsame Tochter treffen und in Novi Sad seine schwerkranke Mutter besuchen. Am Donnerstag hatten ihn seine Frau, seine Schwester und sein Sohn besucht. (afp)