London. . Sean Hoare brachte den Abhör-Skandal um das britische Boulevardblatt „News of the World“ ins Rollen. Jetzt ist der Journalist in seinem Haus tot aufgefunden worden. Der Skandal zieht immer weitere Kreise.

Reporter Sean Hoare, der illegale Abhörpraktiken und Korruption bei den britischen Murdoch-Blättern offengelegt hat, ist am Montag tot in seiner Wohnung gefunden worden. Die Polizei schließt in dieser dramatischen Wende des Skandals ein Fremdverschulden aus.

Sean Hoare war der erste Journalist, der die Methoden der Boulevardredaktionen öffentlich anprangerte. 2010 belastete er Andrew Coulson, ehemaliger Redaktionsleiter der „News of the World“, das Abhören von Handy-Mailboxen nicht nur geduldet, sondern gar unterstützt zu haben. Murdoch hatte die News of the World vor zehn Tagen angesichts der wachsenden Empörung in Großbritannien kurzerhand geschlossen. Coulson wurde vergangene Woche vorübergehend festgenommen und verhört; er bestreitet die Vorwürfe.

Murdoch vor dem Parlament

Hoare hatte auch berichtet, dass Journalisten der „Sun“ und der „News of the World“ gegen Schmiergeld die Fahndungstechnik der Polizei nutzen durften, um Prominente über ihr Handy-Signal zu orten. Er selber sei Zeuge dieser Methoden gewesen. Als Showbusiness-Reporter war Hoare wegen seines Drogen- und Alkoholkonsums entlassen worden. Er hatte seine Enthüllungen über die eigene Branche mit dem Wunsch begründet, bessere Arbeitsstandards in den Redaktionen etablieren zu wollen: „Es herrscht dort eine Kultur der Einschüchterung. Leute werden gefeuert, brechen in Tränen aus oder hängen an der Flasche.“

Im dem Abhörskandal erscheinen am Dienstag drei prominente Vertreter des Murdoch-Konzerns News Corp vor dem Parlament in London. Medienmogul Rupert Murdoch, sein Sohn James und die mittlerweile entlassene Chefin von Murdochs britischer Zeitungsgruppe News International, Rebekah Brooks, müssen den Mitgliedern des Medienausschusses des Unterhauses Fragen beantworten.

Ranghohe Polizisten zurückgetreten

Murdoch hatte sich zur Schließung des Blattes gezwungen gesehen, nachdem herausgekommen war, dass Journalisten nicht nur Prominente abgehört und Polizisten bestochen, sondern auch Handy-Mailboxen der Angehörigen von getöteten Soldaten sowie eines entführten Mädchens geknackt hatten.

Mittlerweile sind auch Vorwürfe gegen vier ehemalige ranghohe Londoner Beamte erhoben worden. Unter ihnen sind Polizeichef Paul Stephenson und sein Stellvertreter John Yates, die mittlerweile beide zurückgetreten sind, wie die Independent Police Complaints Commission am Montag mitteilte. Yates äußerte sein Bedauern, erklärte aber zugleich, er habe sich in dem Skandal vollkommen integer verhalten. Der Polizei-Vize hatte vor zwei Jahren entschieden, die Ermittlungen zu den Abhör-Vorwürfen gegen die „News of the World“ nicht wieder aufzunehmen. (mit dapd/afp)