Budapest. .
Der Prozess gegen einen der letzten noch lebenden mutmaßlichen Kriegsverbrecher ist beendet: Ein Gericht in Budapest sprach den 97-jährigen Sandor Kepiro vom Vorwurf frei, 1942 in Novi Sad die Ermordung von dutzenden Menschen angeordnet zu haben.
Der Prozess gegen einen der letzten noch lebenden mutmaßlichen Kriegsverbrecher ist mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Ein Gericht in Budapest sprach den 97-jährigen Sandor Kepiro am Montag vom Vorwurf frei, 1942 im damals von Ungarn annektierten Novi Sad die Ermordung von dutzenden Menschen, hauptsächlich Juden, angeordnet zu haben. Bei den Massakern in Serbien waren mehr als tausend Zivilisten getötet worden.
Das Verfahren gegen Kepiro zeigte erneut, wie schwer die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen mehr als 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist. In nur wenigen Fällen kann die Anklage sich auf Zeitzeugen oder verlässliche Dokumente stützen. Im Prozess gegen den 97-Jährigen schätzten Historiker, die als Experten in den Zeugenstand gerufen worden waren, die für die Anklage herangezogenen Dokumente als unvollständig oder als schlecht übersetzt ein.
Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft für Kepiro gefordert. Sie warf ihm vor, sich an den Kriegsverbrechen in Novi Sad beteiligt zu haben. Die Stadt war damals von dem mit Nazi-Deutschland verbündeten Ungarn annektiert gewesen. Laut Anklage soll Kepiro im Januar 1942 als Kommandeur einer Patrouille die Erschießung von 36 Zivilisten angeordnet haben. In Novi Sad wurden damals in nur wenigen Tagen mehr als 1200 Juden, Sinti und Roma getötet.
Kepiro beteuerte vor dem Urteilsspruch erneut seine Unschuld
Kepiro beteuerte vor dem Urteilsspruch erneut seine Unschuld: „Ich bin unschuldig, ich habe niemals getötet oder jemanden überfallen“, sagte er. Für das Simon-Wiesenthal-Zentrum, das auf die Suche von Kriegsverbrechern spezialisiert ist, war er dagegen jahrelang einer der meist gesuchten Nazis überhaupt. Der Leiter des Zentrums, Efraim Zuroff, hatte ihn 2006 in Budapest aufgespürt. Dort hatte Kepiro bis dahin unbehelligt gelebt.
Wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in Novi Sad war Kepiro bereits 1944 und 1946 angeklagt, verbüßte aber nie eine Haftstrafe. Im ersten Verfahren wurde die von einem Militärgericht angeordnete zehnjährige Haft von den Behörden später annuliert. Das Urteil zu 14 Jahren Haft im zweiten Prozess erging in Abwesenheit, weil Kepiro zwei Jahre zuvor nach Argentinien ausgewandert war, dem Zufluchtsland vieler NS-Kriegsverbrecher. 1996 kehrte er von dort nach Ungarn zurück. (afp)