München. Der mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher John Demjanjuk ist nach langen juristischen Verzögerungen in Deutschland angekommen. Kurz nach seiner Ankunft ist er in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim gebracht worden. Zwischen dem 24. Juni und dem 27. Juli 1922 saß Adolf Hitler in Stadelheim.
Der mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher John Demjanjuk ist nach langen juristischen Verzögerungen in Deutschland angekommen. Er landete am Dienstagvormittag mit einem Lazarettflugzeug aus den USA auf dem Münchner Flughafen. Der staatenlose gebürtige Ukrainer war aus den Vereinigten Staaten abgeschoben worden. Unmittelbar nach der Landung wurde der 89-Jährige von einem deutschen Mediziner untersucht und dann zum Gefängnis München-Stadelheim weiter transportiert.
Demjanjuk ist am Dienstagnachmittag der Haftbefehl eröffnet worden. Das Dokument wurde dem 89-jährigen gebürtigen Ukrainer im Münchner Gefängnis Stadelheim in seiner Muttersprache vorgelesen, wie Pflichtverteidiger Günther Maull danach sagte.
Haftbefehl-Eröffnung mit Sauerstoffmaske
Er habe den Eindruck, dass sein Mandant die Vorwürfe verstanden habe, wonach er der Beihilfe zum Mord an 29 000 Menschen im Jahr 1943 im Konzentrationslager Sobibor beschuldigt werde. Demjanjuk selbst äußerte sich auf Anraten Maulls nicht zu den Vorwürfen. Bis zum Beginn eines möglichen Prozesses werden nach Einschätzung des Verteidigers noch mehrere Monate vergehen.
Der Beschuldigte bleibt vorerst auf der Krankenstation des Gefängnisses unter ärztlicher Beobachtung. Bei der Eröffnung des Haftbefehls saß Demjanjuk in einem Rollstuhl und trug eine Sauerstoffmaske. Ob sein Mandant überhaupt verhandlungsfähig sei, wollte Maull dem Urteil der Mediziner überlassen.
Dem gebürtigen Ukrainer Demjanujuk soll in München der Prozess gemacht werden. Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 1943 für ein halbes Jahr zu den Wachmannschaften des NS-Vernichtungslagers Sobibor im damals von Deutschland besetzten Polen gehört zu haben. In dieser Zeit wurden dort rund 29.000 Juden umgebracht, weshalb Demjanjuk Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen vorgeworfen wird.
Demjanjuk kommt in dasselbe Gefängnis wie 1922 Hitler
Kurz nach seiner Ankunft in München ist der frühere KZ-Wächter John Demjanjuk in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim gebracht worden. Das im südlichen Stadtgebiet Münchens auf einem Areal von 14 Hektar gelegene Gefängnis, im Volksmund St. Adelheim genannt, hat eine bewegte Vergangenheit, die die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.
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In der Weimarer Republik diente das Gefängnis im Wesentlichen der Inhaftierung von Kleinkriminellen und Untersuchungsgefangenen. Der Prominenteste war Adolf Hitler: Zwischen dem 24. Juni und dem 27. Juli 1922 saß Hitler in Stadelheim. Er war damals wegen Landfriedensbruchs zu drei Monaten Haft verurteilt worden, zwei Monate wurden ihm erlassen. Grund der Verurteilung war, dass Hitler mit seinen Anhängern gewaltsam verhindert hatte, dass einer seiner Gegner öffentlich im Löwenbräukeller sprechen konnte.
Nach seiner Machtergreifung machte Hitler Stadelheim selbst zum Ort des Schreckens. Am 1. Juli 1934 ließ er dort von einem SS-Kommando den damaligen SA-Chef Ernst Röhm erschießen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Stadelheim zur Vollzugsstätte für Todesurteile. Weit über tausend Menschen wurden hier hingerichtet, am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden mehr als dreißig Todesurteile pro Tag vollzogen. Zu den in Stadelheim getöteten zählen die Widerstandskämpfer der Weißen Rose um die Geschwister Sophie und Hans Scholl.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gefängnis auch zum Schauplatz der Aufarbeitung der NS-Geschichte. Zuletzt wurde dort 2001 in einem dafür eingerichten Prozesssaal der frühere KZ-Aufseher Anton Malloth zu lebenslanger Haft verurteilt. (afp/ddp)