Athen. .
In Griechenland beginnt der Tag der Entscheidung ruhig. Doch noch bis in die Nacht lieferten sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei. Vor der Parlamentsabstimmung über das 28-Milliarden-Euro-Sparpaket am Mittwoch eskalierte die Gewalt. Die Gewerkschaften riefen zu einem 48-stündigen Generalstreik auf.
20.000 Menschen waren zunächst friedlich zum Parlament maschiert, um gegen die drastischen Sparmaßnahmen zu protestieren. Die Kritik der Gewerkschaften richtet sich gegen das neue 28-Milliarden-Euro-Sparprogramm der Regierung, das unter anderem Steuererhöhungen für Niedriglohnempfänger beinhaltet. „Die Situation der Arbeiter ist tragisch und wir bewegen uns nahe der Armutsgrenze“, sagte der Demonstrant Spyros Linardopoulos.
Als zwei Gruppen von Demonstranten aufeinandertrafen, begann die Situation zu eskalieren. Jugendliche setzten Sonnenschirme vor einem Café in Brand, warfen die Fenster von Schnellrestaurants ein und errichteten Barrikaden. Hotelangestellte verteilten Mundschutzmasken an Touristen und brachten sie in Sicherheit. In der Nähe des Parlaments in Athen setzten Jugendliche einen Lkw in Brand, die Flammen ließen den Kühlschrank eines nahegelegenen Kiosks explodieren. Vermummte warfen nahe des Finanzministeriums mit Pflastersteinen auf Polizisten und steckten Mülleimer in Brand. Einer der Demonstranten bei der Blockade des Hafens von Piräus sagte: „Die Regierung hat uns den Krieg erklärt und auf diesen Krieg werden wir auch mit Krieg antworten.“
21 Polizisten verletzt
Bei den gewaltsamen Ausschreitungen in Athen wurden nach Polizeiangaben 18 Personen festgenommen, fünf von ihnen wurden später inhaftiert. 21 Bereitschaftspolizisten mussten verletzt ins Krankenhaus gebracht werden.
An dem 48-stündigen Generalstreik beteiligten sich zahlreiche Berufsgruppen von Ärzten über Bus- und U-Bahnfahrer bis hin zu Journalisten und Schauspielern. Hunderte Flüge wurden abgesagt oder verschoben, in Athen kam der öffentliche Verkehr zum Erliegen. Vielfach gab es Stromausfälle, weil sich auch die Mitarbeiter von Stromversorgern an dem Ausstand beteiligten.
Das Sparpaket der griechischen Regierung ergänzt die bisherigen Einsparungen, die dazu beigetragen haben, die Arbeitslosenquote in Griechenland auf über 16 Prozent zu treiben. Die Maßnahmen müssen vom Parlament abgesegnet werden und Gesetzeskraft erlangen, damit die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds die nächste Tranche aus dem 110 Milliarden schweren Hilfsfonds für das vor dem Zahlungsausfall stehende Griechenland freigeben.
„Unmittelbare Pleite“ droht
EU-Währungskommissar Olli Rehn warnte in Brüssel vor einer „unmittelbaren Pleite“ Griechenlands, sollte das Parlament den neuen Spar- und Privatisierungsmaßnahmen am Mittwoch und Donnerstag nicht zustimmen. Er erklärte, der einzige Weg, die Pleite Athens zu verhindern, sei „die Unterstützung des Konsolidierungsprogramms“. Ohne eine Mehrheit im Parlament werde die nächste Tranche an Krediten über zwölf Milliarden Euro nicht überwiesen.
Unterdessen wurde bekannt, dass in den Gesprächen deutscher Banken mit der Bundesregierung zur Griechenland-Hilfe auch das französische Modell in Betracht gezogen wird. Demnach würden 50 Prozent der auslaufenden Schulden auf 30 Jahre Laufzeit verlängert. Weitere 20 Prozent würden in sichere Anlagen gesteckt, die keine Zinsen auszahlen, sondern sie reinvestieren würden. Damit sollten die 50 Prozent gesichert werden. Die Gespräche seien noch nicht abgeschlossen, hieß es weiter.