Hamburg. Kurz vor seinem Abgang rechnet SPD-Chef Franz Müntefering noch einmal mit Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine ab. Er schiebt ihm die Schuld für das Wahldebakel der SPD zu. "Lafontaine hat die linke Mitte in Deutschland beschädigt, aus niederen persönlichen Motiven."
Der scheidende SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sieht in Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine den Hauptschuldigen für das Debakel der Sozialdemokratie bei der Bundestagswahl. «Er hat die Partei verlassen, dann verraten und anschließend ganz gezielt gegen uns organisiert», sagte Müntefering der Wochenzeitung «Die Zeit» und fügte hinzu: «Lafontaine hat die linke Mitte in Deutschland beschädigt, aus niederen persönlichen Motiven.»
Die PDS hätte nie eine Chance gehabt, auch in den Westländern aufzutrumpfen, wenn der ehemalige SPD-Vorsitzende Lafontaine das nicht organisiert hätte. «Da ist viel an Wählerschaft abgezogen, was wir nicht mit vergleichbar populistischen Antworten hätten halten können», sagte Müntefering. Wenn man später einmal über diese Jahre spreche, werde sich Lafontaine besonders viel sagen lassen müssen. «Deshalb finde ich die Geschwindigkeit mancher, ihm nun Signale zu senden, dass man miteinander könnte, armselig», sagte Müntefering.
"Enkel der SED müssen in der Demokratie ankommen"
Trotz dieses Vorbehalts hält der SPD-Chef ein Linksbündnis im Bund prinzipiell für machbar. «Die Kinder und Enkelkinder der SED müssen in der Demokratie ankommen können. Man kann und darf ihnen die Hand entgegen strecken», sagte Müntefering. Über Koalitionsoptionen solle die SPD aber erst 2013 entscheiden: «Jetzt darüber reden bringt nichts.»
Über persönliche Versäumnisse oder Fehler während seiner Amtszeit will Müntefering nicht öffentlich sprechen. «Ich behaupte doch nicht von mir, dass ich ohne Fehl bin. Aber ich halte das für eitle Egozentrik, damit hausieren zu gehen. Das geht mir gegen den Strich», sagte Müntefering. Diese Art von «demonstrativer Selbstkasteiung» lehne er ab: «Da sage ich mal jetzt, was für ein schwacher Mensch ich bin und was ich alles falsch gemacht habe. Ich erstatte Selbstanzeige - wie peinlich.»
Müntefering verteidigt autoritären Führungsstil
Der SPD-Chef beschrieb seine «Art des Politikmachens» mit dem Motto «sammeln und führen». Die Truppen zusammenholen und dann zeigen, wo es hingehe. «Sammeln ist vielleicht nicht meine Stärke dabei, das will ich nicht bestreiten», räumte Müntefering ein. Und: «Vielleicht schleppt man die Fahnen manchmal so weit voraus, dass die anderen dich nicht mehr sehen, kann ja sein.»
Der SPD-Chef verteidigte zugleich seinen autoritären Führungsstil. «Im Regierungshandeln kann man nicht durch eine Art Parteibefragung klären, was man jetzt machen darf oder nicht, ja oder nein», sagte Müntefering und appellierte an seine Partei, sich offensiv zu den vergangenen elf Regierungsjahren zu bekennen: «Dieses Stück ist in der Geschichte der SPD ein stolzes Stück und ein gutes Stück.» (ddp)