Berlin. . Wirtschaftsexperten üben scharfe Kritik an den Politikern im Umgang mit der Euro-Krise. Diese hätten schlichtweg versagt. Besonders die öffentlichen Kämpfe hätten geschadet. Bundeskanzlerin Merkel lobt derweil die „gewaltige Sparleistung“ der Griechen.

Führende Wirtschaftsexperten haben die europäischen Regierungen für ihren Umgang mit der Euro-Krise scharf kritisiert. „Die Euro-Krise zeigt immer mehr das Versagen der Politik“, sagte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger der „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. Er beklagte sich vor allem über den öffentlichen Streit zwischen den Beteiligten sowie über die Warnungen der Europäischen Zentralbank (EZB) vor einer Gläubigerbeteiligung. „Wenn alle Kämpfe öffentlich ausgetragen werden und die EZB mit Untergangsszenarien droht, braucht sich niemand zu wundern, wenn die Märkte aufgescheucht sind“, sagte Bofinger.

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, warnte, die griechische Krise habe erhebliche Bedeutung für die europäische Konjunktur. „Sie ist ein unnötiges Problem, und weil die Politiker es nicht lösen, entstehen in Europa große Risiken und Unsicherheiten, das gilt besonders für die Finanzmärkte“, sagte Snower dem Blatt. Er beklagte ein „völlig unnötiges Politikversagen“.

Steuerzahler müssen blechen - nicht die Banken

Wim Kösters, Europa-Experte beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), übte ebenfalls scharfe Kritik: „Der Europäische Rat führt gegenwärtig nicht, er reagiert nur auf die Märkte und verschärft dadurch die Probleme, anstatt sie zu lösen.“ Von der viel diskutierten Beteiligung privater Gläubiger verspricht sich Kösters kaum Entlastung. „Wen wird es treffen? Banken in staatlicher Hand oder mit hoher staatlichen Beteiligung“, sagt er. Unter anderem nannte er die Hypo Real Estate und die Landesbanken. „So wird es letztlich wieder den Steuerzahler treffen und nicht die privaten Banken.“

Die Euro-Finanzminister kommen am Sonntag in Luxemburg zusammen. Sie dürften die Auszahlung einer Tranche aus dem laufenden Hilfsprogramm in Höhe von zwölf Milliarden Euro beschließen. Nach Informationen aus EU-Kreisen wollen die Euro-Staaten und die EU außerdem eine Erklärung abgeben, dass sie zur weiteren finanziellen Stützung Griechenlands über das bestehende 110 Milliarden Euro schwere Hilfspaket hinaus bereit sind.

Merkel sieht Europa jetzt „sehr viel besser gerüstet“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) blickt trotz der Krise in Griechenland optimistisch auf die weitere Finanzentwicklung im Euro-Raum. „Für die Gegenwart sind wir in Europa schon sehr viel besser gerüstet“, sagt Merkel in einem am Sonntag vorab veröffentlichten Interview der Zeitschrift „Super Illu“. Gleichwohl gehe es derzeit darum, die „beträchtlichen Versäumnisse“ und „Sünden der Vergangenheit“ abzuarbeiten.

Merkel lobte gleichzeitig die bisherigen Anstrengungen der griechischen Regierung zur Bewältigung der Krise. Athen habe „in einem Jahr Erhebliches geschafft, das sollten wir anerkennen“, sagt die Kanzlerin. „Es hat seine Neuverschuldung um über fünf Prozentpunkte gesenkt, das ist eine gewaltige Sparleistung, aber es reicht noch nicht.“ Die Finanzminister der Euro-Länder beraten am Sonntagabend bei einem Krisentreffen in Luxemburg über Griechenland. (rtr/afp)